In einer als Prosa getarnten, aber in Wirklichkeit in Vierhebern geschriebenen Einleitung zu „Hiawatha’s Photographing“ bemerkt Lewis Carroll:
Any fairly practised writer, with the slightest ear for rhythm, could compose, for hours together, in the easy running metre of „The song of Hiawatha“.
Meint: in ungereimten, trochäischen Vierhebern. Was nicht ganz falsch ist, aber auch weiter nichts sagt – der Vierheber bleibt ja eine wirkungsstarke Möglichkeit der Sprachgestaltung (selbst durch das Englische und die Prosasetzung klingen sie ans deutsche Ohr), die dann für alles genutzt werden kann, das ausgearbeitete Großgedicht wie das kleine Gelegenheitsgedicht. Ein solches Gelegenheitsgedicht findet sich zum Beispiel in Friedrich Rückerts Liedertagebuch von 1846, eingetragen am 23. Dezember:
Rosenkäferchen, o sage,
Wie du dich hierher verirrtest,
Aus dem Sommer in den Winter,
aus dem Garten in die Stube,
Von den frischen grünen Blättern
Auf die dürren dieses Buches,
Wo statt Rosen Reime sprossen,
Und statt Knospen Worte keimen!
Findest du hier deine Rechnung?
Findest du hier deine Nahrung,
Und behilfst dich, wie ich tue,
Zum Ersatz der Sommerweide
Mit dem trocknen Winterfutter?
Riechest hier an einer Rose
Dieses Winterrosengartens,
Leckest dann an einer andern,
Dass du Saft und Duft erbeutest,
Und dein kleines Leben fristest.
Doch ich fürchte, du verhungerst,
Und verschrumpfest zum Gerippe,
Trocknest ein zum leeren Balge.
Wenn du dann gedruckten Blättern
Eingedruckt als Mumie liegest,
Passet ihr erst recht zusammen,
Beide trocken und vertrocknet,
Rosenkäferchen und Rosen.
Keinesfalls große Dichtung, aber allemal eine Beobachtung und Betrachtung, die man mit Gewinn lesen kann – „trocknes Winterfutter“ nicht nur!