Erzählformen: Das Sonett (21)

Georg Heym hat eine Reihe von Sonetten über „Marathon“ geschrieben, also die antike Schlacht zwischen Griechen und Persern. Das dritte dieser Sonette gewährt einen Blick ins persische Heer:

 

Langbärt’ge Perser ziehn in Heeres Mitten
Mit kurzen Schwertern und mit großen Bogen,
Die durch Ägyptens Wüstenein gezogen,
Die gegen Krösus einst am Halys stritten.

Die hagren Libyer mit den Eisensehnen
Auf Eilkamelen Afrikas beritten.
Die Skythen, die sich kurze Pfeile schnitten,
Ihr Haar in Zöpfen, wie der Pferde Mähnen.

Des Sudans Neger, fettig und beleibt,
Die Luft durchschreiend, brüllend wie ein Stier.
Das Volk von Babylon, das Henna reibt

Und sich die Stirn bemalt mit Weiberzier.
Der Vögte Geißel, die die Menge treibt
Und sausend niederfährt auf Mensch und Tier.

 

Ein Sonett, das sich so gar nicht kümmert um die „innere Form“, um These, Antithese, Synthese und was da noch alles in einem Sonett zu finden ist, oft, und von einem Sonett erwartet wird, oft; und das stattdessen einfach aufzählt, zeigt, vor den Leser hinstellt. In überzeugender Manier!

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