Der andere Ton

Beim Namen „Johann Heinrich Voß“ denken die meisten an die Homerübersetzungen von Voß, und dann an metrische Wunderlichkeiten und sprachliche Wagnisse, die er im Versuch einer immer genaueren Übersetzung einzugehen bereit war. Das ist ja auch so; aber der ganze Voß ist es eben nicht, wie zum Beispiel „Die Spinnerin“ zeigt:

 

Ich armes Mädchen!
Mein Spinnerädchen
Will gar nicht gehn,
Seitdem der Fremde
In weißem Hemde
Uns half beim Weizenmähn!

Denn bald so sinnig,
Bald schlotternd spinn ich
In wildem Trab,
Bald schnurrt das Rädchen,
Bald läuft das Fädchen
Vom vollen Rocken ab.

Noch denk ich immer
Der Sense Schimmer,
Den blanken Hut,
Und wie wir beide
An gelber Weide
So sanft im Klee geruht.

 

Drei Schweifreimstrophen mit kurzen Versen, Zwei- und Dreiheber; und ein volksliedhaft-schlichter Ton, der so gar nicht an Homer und die Antike erinnert …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert