Erzählverse: Der trochäische Fünfheber (23)

Josef Weinheber weckt mit dem Titel „Sonntagnachmittag“ Erwartungen, die der folgende Text umfassend einlöst:

 

Meine Primeln, die ich anfangs Jänner
aus dem nassen Erdreich grub, sie prangen
jetzt in bunter Schale, wunderbare
sammetgelbe Sterne, mir am Schreibtisch.

In der süßen, stillen Langeweile
dieses Sonntagnachmittags bemüh ich
mit der Schere mich an ihren welken,
alten Blättern, schaff den neuen Trieben
Raum, rühr an die schlanken Stiele,
die wie Mondstrahl sind, schau in die feinen
Kelche – Spiegel, die den Schöpfer spiegeln –
stundenlang hinein und bin ganz wunschlos.

 

Und noch weiter so, ein ganzes Stück; eine ruhige Szene, die vom nicht weniger ruhigen, regelmäßigen Gang des Verses beglaubigt wird.

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