Die letzte, wirklich grundlegende Eigenschaft des Trioletts: Es hat nur zwei Reime! Von den 100 Trioletten halten sich 93 daran, 7 weisen drei Reime auf. Nun ist diese Reihe von Einträgen eine beschreibende, und wenn die entsprechenden Verfasser sagen, das sind trotzdem Triolette, dann widerspreche ich ihnen nicht; aber ein Blick auf die Texte zeigt, dass es eigentlich bloß triolett-ähnliche Texte sind, meint, sie nehmen sich oft noch andere Freiheiten. Ein Beispiel von Heinrich Schmidt:
Die entschwundene Rosenzeit
Wo bist du, holde Rosenzeit?
Die heitern Blüten sind gefallen,
Entflohen sind die Nachtigallen,
Wo bist du, holde Rosenzeit?
Hört ihr die Totenglocken klingen,
Und meines Mädchens Grablied singen?
Wo bist du, holde Rosenzeit?
Die Wiederkehr der Rosen
Kehrst du uns wieder, Rosenzeit?
Seht, wie sich alles neu gestaltet!
Und Knosp‘ an Knospe sich entfaltet!
Kehrst du uns wieder, Rosenzeit?
So soll, auf’s Neu‘, in deinen Armen
Mein liebeskrankes Herz erwarmen?
Kehrst du uns wieder, Rosenzeit?
Wieder ein Doppel-Triolett – die sind recht beliebt und gestalten dann oft, wie hier, einen Gegensatz. Neben den drei Reimen fällt auch auf, dass die beiden Texte nur sieben Verse lang sind; Das trioletthafte beschränkt sich in ihnen eigentlich auf das dreimalige Vorkommen eines Verses! Was ohne Zweifel eine wirkungsstarke Form sein kann …