Texte, die sich mit geschichtlichen Ereignissen beschäftigen, neigen schon „an sich“ zum Erzählen?! Hier ist es die Hinrichtung Ludwigs XVI., oder eben „Louis Capets“, die Georg Heym in einem Sonett schildert; ganz ohne eigene Meinung, einfach nur durch das Zeigen des Ablaufs, das zudem durch den Verzicht auf abschweifende Einzelheiten, durch die kurzen knappen Sätze Abstand schafft und eine Art gefühlsloser Unerbittlichkeit heraufbeschwört. Ein Gedicht, das man so schnell nicht wieder vergisst!
Louis Capet
Die Trommeln schallen am Schafott im Kreis,
Das wie ein Sarg steht, schwarz mit Tuch verschlagen.
Drauf steht der Block. Dabei der offene Schragen
Für seinen Leib. Das Fallbeil glitzert weiß.
Von vollen Dächern flattern rot Standarten.
Die Rufer schrein der Fensterplätze Preis.
Im Winter ist es. Doch dem Volk wird heiß,
Es drängt sich murrend vor. Man lässt es warten.
Da hört man Lärm. Er steigt. Das Schreien braust.
Auf seinem Karren kommt Capet, bedreckt,
Mit Kot beworfen, und das Haar zerzaust.
Man schleift ihn schnell herauf. Er wird gestreckt.
Der Kopf liegt auf dem Block. Das Fallbeil saust.
Blut speit sein Hals, der fest im Loche steckt.