Manchmal mag man einen Text, ohne wirklich zu wissen, warum. So geht es mir jedenfalls mit diesem kurzen Stück Johann Gottfried Herders:
Guatimozin
Guatimozin und sein Liebling,
Er der Mexikaner Kaiser,
Dieser seine treue Seele,
Lagen jetzt auf glühnden Kohlen,
Dass sie ihren weißen Teufeln
Noch mehr Schätze, als sie wussten,
Zeigen sollten. Guatimozin
Schwieg; da wendete sein Liebling
Sein Gesicht voll Qualen zu ihm,
Seufzend. „Freund,“ erwiderte der Kaiser,
„Ist mein Bette denn von Rosen?“
Also starben beide schweigend.
Handwerklich, vom Vers her scheint mir das gleich an einigen Stellen zweifelhaft; den drittletzten Vers zum Beispiel kann man eigentlich nicht anders lesen denn als Fünfheber, und trochäische Vierheber mit längeren Versen zu mischen, ist höchst unüblich!? Aber die Art, wie Herder das Geschehen hinstellt vor den Leser, wiegt das alles auf; und der letzte Vers schließt den Text dann eigenartig passend. So scheint es mir jedenfalls; vielleicht aber auch nur, weil ich diesen Text eben mag.
Den geschichtlichen Hintergrund, die spanische Eroberung des Azteken-Reiches, kann man samt dem wirklichen „Guatimozin“ und seinem Schicksal aber ohne weiteres nachlesen!