Diesmal vier streng gebaute, aber dabei gereimte Uz-Strophen von Anna Louisa Karsch, die in „An Uz“ nicht nur die Form verwendet, sondern auch den Erfinder der Strophe anredet und mit dem ersten Vers das uzsche Erstgedicht auch inhaltlich aufruft ( das beginnt „Ich will, vom Weine berauscht, die Lust der Erde besingen“), danach aber vor allem über sich redet, unter Einschluss von Hinweisen auf Ludwig Gleim (der „liebende Freund“ Uz‘ und Gegenstand der unerfüllten Liebe Karschs). „Felsenspringerin“ meint Sappho, die sich aus unerwiderter Liebe von einem Felsen gestürzt haben soll. Ein knapper Text über die Dichterin von einem Dichter, Jan Wagner: Die deutsche Sappho.
Du, der vom Weine berauscht die Lust der Erde besungen,
Mir gab Apollo kein lyrisches Spiel
Bespannt mit Saiten von Gold, doch sind mir Lieder gelungen;
Süßklingend sang ich der Seele Gefühl.
Mich hört der eiserne Held, mir horcht der ernste Gesandte
Herunter kommend vom Stuhle des Herrn,
Auch höret meinen Gesang, wer sonst die Muse verkannte,
Des Geizes Priester vernehmen ihn gern.
Mir gab dein liebender Freund der Felsenspringerin Laute,
O, ihn nur denken wird süßer Gesang
In der ganz sapphischen Brust; der Liebesgötter Vertraute
Ward ich und habe die Herzen in Zwang!
Mich fühlt der wankende Greis, die abgelebte Matrone,
Mich horcht der Jünglinge klopfendes Herz.
Das Mädchen fürchtet den Pfeil! Er rauscht im sapphischen Tone
Laut, wie im Uzischen Liede voll Scherz.