Das folgende Stück Eduard Mörikes hat bei der Überschrift immer noch die Angabe „Mit einer Zeichnung“; ich wollte schon immer mal schauen, wie die wohl aussieht, bin aber nie dazu gekommen – sicher auch, weil die hier geschilderte Begebenheit an sich schon so bildhaft ist, dass eine Zeichnung nicht wirklich vermisst wird?!
Der Kanonier
Feindlich begegneten sich auf der Erde die Scharen des Himmels
Und der Höllen; es kommt eben zur förmlichen Schlacht.
Vorn auf dem Hügelchen steht so ein Bocksfuß bei der Kanone;
Sein stets rauchender Schwanz dient ihm als Lunte dabei.
(Etwas phantastisch geformt ist das Feldstück, Flügel des Drachen,
Statt der Räder, stehn hüben und drüben empor:
Denn man braucht dies Geschütz oft über den Wolken mit Vorteil
Bei Blockaden, da fliegt’s mittelst der höllischen Kunst.)
Aber der Kerl ist feige; denn während langsam der Schweif sich
Nach dem Zündloch bewegt, hält er die Ohren sich zu,
Über die Achsel nur schielend; doch jetzo drückt er die Augen
Fest zu, krümmt sich, und – Tupf! folgt der entsetzliche Knall.
Über die Verse als solche gibt es nicht viel zu sagen; sie sind, wie bei Mörike gewohnt, wunderbar im Gleichgewicht und bewegen sich aufs schönste. Ich habe für mich ja eine Abneigung gegen solche Bildungen wie „Bei Blockaden, da fliegt’s …“ – mir erscheint das „da“ immer herzlich überflüssig? Aber vielleicht wollte Mörike den sehr langsamen Eingang des Pentameters davor nicht wiederholen:
Statt der / Räder, / stehn ||
Beide Senkungen sind einsilbig besetzt, und das ist eher die Ausnahme als die Regel in Bezug auf die erste Hälfte des Pentamters?!