Das folgende Epigramm stammt von Franz Grillparzer. Sicher kein Text, vor dem man auf die Knie fallen müsste; aber dafür gut geeignet, einige der Knittel-Eigenheiten vorzustellen.
Politisch
Mit wem soll sich verbünden der Hase!
Der Fuchs schleicht ihm nach im Grase,
Von oben rauschen des Geiers Schwingen,
Der Bauer im Kohlfeld legt ihm Schlingen,
Und macht er sich endlich auf die Füße,
Treffen ihn des Jägers Schüsse.
Gleich im ersten Vers stellt sich die Frage, welche vier Silben betont sind?! –bün– und Ha-, sicherlich; aber am Versanfang sind die Dinge weniger klar. Wie wäre es mit dem vom alternierenden Vers gewohnten „Auf und Ab“?
Mit wem soll sich verbünden der Hase!
Das ginge vielleicht; aber ist nicht das Hilfsverb „soll“ ein wenig schwerer als das Pronomen „sich“?! Und vor allem: Da der Knittel sich stärker am Satz und dessen Bedürfnissen ausrichtet, und da der Satz hier doch wohl so etwas aussagen soll wie „Es geht überhaupt nicht!“, trägt für mich das „soll“ die zweite Betonung, denn nur dann sagt der Satz genau das aus! Also:
Mit wem soll sich verbünden der Hase!
Da stoßen dann zwei betonte Silben aufeinander, aber das ist im Knittel nichts besonderes. Muss hier im ersten Vers noch gegrübelt werden, ist die Lage im zweiten klar:
Der Fuchs schleicht ihm nach im Grase,
– Da beträgt die Anzahl der unbetonten Silben zwischen den betonten Silben Fuchs und schleicht – null. Auch das ist im Knittel kein Grund zur Aufregung, solange eine sichere, starke Versbewegung da ist!
Der dritte und der vierte Vers bieten wenig ungewöhnliches:
Von oben rauschen des Geiers Schwingen,
Der Bauer im Kohlfeld legt ihm Schlingen,
Dafür ist das dritte und abschließende Verspaar wieder einen genaueren Blick wert!
Und macht er sich endlich auf die Füße,
Treffen ihn des Jägers Schüsse.
Da ist einmal der betonte Eingang in Vers sechs – die ersten fünf Verse begannen bei allen Unterschieden ausnahmlos mit einer Unbetont-Betont-Folge; der Schlussvers setzt betont ein und ist, da er auch gänzlich auf doppelt besetzte Senkungen verzichtet, eigentlich ein trochäischer Vierheber!
Zum anderen fällt der nicht gerade saubere Reim „Füße – Schüsse“ auf. Auch das gehört zum Knittelvers, eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber Härten beim Reim trägt zu dem oft etwas rauen, unebenen Erscheinungsbild des Verses bei!