Das Königreich von Sede (7)

Aus des alten Waldes Zwielicht
Tritt der Dieb mit feinem Lächeln,
Hebt die Hand, beschirmt die Augen
Und schaut nach den letzten Bergen,
Nach dem Pfad, der kaum erkennbar
Sich an ihren Flanken windet,
Aufwärts, immer aufwärts, bis er
Sich im Wolkendunst verliert –
Neigt nun seinen Kopf, zu lauschen,
Lächelt wieder, hebt den Rucksack,
Der enthält, was er benötigt,
Auf die Schultern und strebt eilig
Fort vom Wald, den Bergen zu.

Durch des alten Waldes Zwielicht
Brummt der Zorn der schwarzen Bienen,
Hierhin fliegen sie und dorthin
Auf der Suche nach dem Honig,
Der aus ihren Waben tropfte,
Den sie horteten, der fort ist,
Frech geraubt; ihr grauer Honig,
Schattens voll, voll Truggespinste,
Grau, doch außerhalb des Waldes,
Doch im Licht: glänzt er wie Gold.

Aufwärts geht der Dieb und weiter
Aufwärts, in der Berge Flanken
Steigt der Dieb hinauf, bis schließlich
Sich der Pfad, vom Abenddämmern
Aufgelöst, im Nichts verliert.
Totes Holz, am Tag gesammelt,
Auf dem langen Weg gesammelt,
Schichtet er da auf, und Funken
Schlägt er aus den Feuersteinen,
Bis das Moos glimmt, bis aus Zweigen,
Bis um Äste Feuer steigt.
Daran setzt der Dieb sich, öffnet
Seinen Rucksack, nimmt sich Käse,
Greift zur Flasche, ißt und trinkt;
Wartet dann auf einen Toten,
Der zu ihm ans Feuer kommt.

Ast um Ast sinkt funkensprühend,
Halbverzehrt von hellen Flammen,
Ganz verzehrt nun, Asche nur noch,
Nur noch Glut die hellen Flammen –
Schweigsam ist die Nacht gegangen,
Ist fast fort, fast ist es Morgen,
Als zum Dieb, der still und wachsam,
Unbewegt an seinem Feuer,
Seiner Glut, dem Rest der Glut sitzt:
Sattelknauf der Krieger tritt.

Gänzlich grau, ein grauer Schatten,
Körperlos; doch in den Händen
Hält sein Schwert er, grau auch dieses,
Aber hart und scharf wie Stahl;
Hebt’s, und dringt mit stummem Schreien
Auf den Dieb ein – der bemerkt ihn,
Der erhebt sich, aus der Scheide
Fährt sein Schwert und ist das gleiche
Wie des Geisterkriegers Schwert!
Denn der Dieb hat es gestohlen,
Hat es Sattelknauf gestohlen,
Eben als die Schlacht der Frösche
Anhob, und die Feinde fanden
Sattelknauf, der mit der Scheide,
Mit der leeren Scheide kämpfte,
Fünf erschlug und selber starb.

Machtvoll fährt die Geisterklinge,
Fährt des Geistes scharfe Klinge
Auf den Dieb hinab, um diesen
Mit dem ersten Hieb zu spalten,
Ihn vom Scheitel bis zur Sohle
In der Mitte durchzutrennen –
Doch er reißt sein Schwert nach oben,
Wehrt den Schlag ab, taumelt, von der
Wucht des Schlages durchgeschüttelt,
Rückwärts, und sein Arm ist taub:
Und schon folgt des Geisterkriegers
Zweiter Hieb, das Schwert des Diebes
Reißt’s ihm aus der Hand, es wirbelt
Nutzlos in die Nacht; der Dieb lässt
Sich zur Seite fallen, spürt noch,
Wie das Geisterschwert ein Ohr ihm,
Ihm das rechte Ohr vom Kopf trennt;
Liegt dann wehrlos auf dem Rücken,
Über ihm der einst bestohl’ne,
Über diesem noch das graue
Geisterschwert – in hohem Bogen
Führt es Sattelknauf, zu enden,
Was vor jener Schlacht begann;
Doch auf dieses hohen Bogens
Höchstem Punkte fängt im Schwert sich,
Fängt im grauen Geisterschwert sich
Erstes Licht des neuen Morgens,
Jener Lichtstrahl, der als erster
Durch der letzten Berge Gipfel
Seinen vorbestimmten Weg fand –
Und der Krieger ist verschwunden,
Und verschwunden ist das Schwert auch,
Nichts geblieben als der Schrecken
Und ein abgetrenntes Ohr.

Dieses nimmt der Dieb und legt es
Achtsam in ein Tuch, verstaut es;
Wickelt Stoff um seinen Kopf sich,
So die Wunde zu verbinden,
Nimmt das Schwert und nimmt den Rucksack,
Und mit wacklig-müden Schritten
Folgt dem Pfad er wieder, aufwärts,
Immer aufwärts in die Berge;
Und ihm zieht ein leises Summen
Durch den Schädel, voll von Zorn.

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