Die „alkäische Strophe“ ist eine der wichtigsten antiken Oden-Strophen und damit eigentlich keine Strophe, die sich zur reinen Erzählung eignet; jedenfalls ist sie dafür kaum verwendet worden. Eher haben die Dichter sie zur Betrachtung genutzt. Von daher ist es sicher nicht ganz richtig, sie beim Verserzähler zu behandeln, und auch die Bezeichnung „Erzählform“ führt leicht in die Irre?!
Ich will diese Strophe aber trotzdem etwas gründlicher vorstellen. Zum einen ist sie eine vielgebrauchte Strophe, zum anderen aber auch eine sehr ausdrucksstarke und wandlungsfähige, die vielfach und mit Gewinn eingesetzt werden kann; und schließlich ist sie ein wunderbares Beispiel für die „innere Form“, dafür, dass Strophen eben nicht nur eine festgelegte Abfolge von betonten und unbetonten Silben sind, sondern spannungsreiche Gebilde, in denen Gegensätze und Entsprechungen angelegt sind, denen man als Verfasser gerecht werden muss, soll denn am Ende ein lebendiges, atmendes Gedicht stehen.
Am Anfang soll aber gerade dieses reine Silbenschema stehen! So sieht die deutsche Nachbildung der antiken alkäischen Strophe aus:
x X x X x | X x x X x X
x X x X x | X x x X x X
x X x X x X x X x
X x x X x x X x X x
Wie immer mit x = unbetonte Silbe und X = betonte Silbe; | meint eine Zäsur – die tritt in der deutschen alkäischen Strophe allerdings nicht immer in Erscheinung.
Als erstes Beispiel dient ein sehr bekanntes Gedicht des größten deutschen Oden-Dichters, Friedrich Hölderlins „An die Parzen“:
Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Dass williger mein Herz, vom süßen
Spiele gesättiget, dann mir sterbe.
Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch ist mir einst das Heil’ge, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen,
Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
Mich nicht hinab geleitet; Einmal
Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.
Und weil es so ein berühmtes Gedicht ist, gibt es auch viele Vorträge davon – hier drei:
Lutz Görner (gleich am Anfang der Folge)
– Das taugt schon sehr als erster Eindruck?!