Erzählverse: Der Hexameter (86)

Ludwig Gotthard Kosegarten muss man heutzutage nicht mehr kennen, und seine „Jucunde“ – „eine ländliche Dichtung in fünf Eklogen“ – nicht gelesen haben; aber einige ihrer Hexameter taugen vielleicht doch, aufzuzeigen, wie wirkungsvoll „antikisierende“ Vorstellungen im Hexameter eingesetzt werden können!

Es geht um die Ausfahrt junger Frauen; der Wagen, gezogen von zwei „Braunen“, kommt und wird beladen:

 

Als dies alles das Fräulein gebührend bedacht und geordnet,
Sprangen die Mägdlein behend in den zierlichen Wagen; es schwang sich
Hurtig der Bursch auf den luftigen Sitz, und mit Donnergeprassel
Sprengte Rüd’ger hinab den gepflasterten Hof, dass den Steinen
Funken entstoben, und hochauf rauschten die Mähnen der Braunen.

 

Mal davon abgesehen, dass man das Gefühl von „Zuviel“ nicht los wird, alles leicht übertrieben und kitschig wirkt und unpassend auch („zierlich“ / „mit Donnergeprassel“) – der letzte Vers hört sich gestalteter an, spannungsreicher als die anderen?!

Funken ent- / stoben, und / hochauf / rauschten || die / Mähnen der / Braunen.

X x x / X x x / X x / X x || x / X x x / X x

So sähe das im Silbenbild aus, mit betonten und unbetonen Silben; aber liest man wirklich „hochauf“, klingt es schäbig, der Vers gewinnt keine Gestalt. „Antikisierend“, lang-kurz gedacht ist das aber ein Spondäus:

— v v / — v v / — — / — v || v / — v v / — v

Und so gelesen, hochauf, passt es wunderbar zum „rauschten“; und diese herausgehobene Versmitte stärkt den Vers und gibt ein eine unverwechselbare Gestalt?!

Aber das geht hier eben nur als Ausnahme, und nur, weil die erzielte Wirkung mit dem Inhalt in Beziehung steht.

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