Renate Böschenstein: Idylle
Ein 1967 in der „Sammlung Metzler“erschienener Band und, wie die allermeisten Bände dieser Reihe: ein lesenswerter.
Aber warum „Idylle“? Ein Blick ins Inhaltsverzeichnis lehrt, dass (neben anderen) Goethe, Schiller, Voss, Hölderlin, Kleist, Jean Paul, Hebbel, Platen und Mörike (Vers-)Idyllen geschrieben und / oder über die Gattung nachgedacht haben; und diese Namensliste ist sicherlich Grund genug für einen genaueren Blick, auch wenn die Idylle als Gattung heute nicht mehr so im Vordergrund steht! Und das ist nur der deutsche Anteil an einer europäischen Idyllen-Tradition, die sich in der griechischen Antike begründet und von da an jahrtausendelang in allen europäischen Literaturen anzutreffen war …
Dementsprechend sind die Grundgedanken dieser Gattung auch heute noch wirksam, vielleicht eher im verborgenen, aber spürbar; und manchmal kommen sie an unerwarteter Stelle zum Vorschein! So zum Beispiel im April dieses Jahres, als auf zeit.de ein langes Interview mit Wolf Haas erschien, in dem unter anderem zu lesen war:
ZEIT: Stiften Krimis hinterrücks so was wie gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Haas: Vielleicht. Die meisten Krimis empfinde ich gattungsmäßig eigentlich als Idyllen.
ZEIT: Deshalb auch der große Erfolg von Regionalkrimis?
Haas: Genau. Gerade durch die kriminelle Störung wirkt die Welt eigentlich intakt und abgegrenzt, die Polizeiarbeit hat so was Integres, fast wie die letzte nicht entfremdete Arbeit. Und die landestypischen Spezifika, das typisch Italienische, Skandinavische, Englische, haben in einer globalisierten Welt ja auch fast was von einer folkloristischen Behauptung.
Böschenstein eröffnet ihren Band mit einem Abschnitt „Probleme der Gattung Idylle“, worin ausführlich die Schwierigkeit besprochen wird, diese Gattung überhaupt erst einmal zu bestimmen; Haas nennt einige der Größen, die sie dabei gleichfalls in Augenschein nimmt, mit „Jetztzeitbezug“.
Nun lese ich keine Krimis, aber diese Betrachtungsweise finde ich dann doch recht bedenkenswert!