Erzählverse: Der trochäische Vierheber (45)

Eine Fliege in einer Flasche

Sahst du denn in einer Flasche
Niemals eine Fliege flattern,
Die sich durch die enge Mündung
In das Glas verflogen hatte?
Nun, so wirst du auch begreifen,
Wie die kleinen Liebesgötter
Es in meinem Herzen treiben.
Durch die offnen Augen haben
Sie sich da hinab gestohlen,
Aber schon wird es darinnen
Ihnen viel zu eng und bange,
Und sie flattern so unbändig,
Dass ich Tag und Nacht vor ihnen
Keine Stunde Ruhe habe.

 

– Kann man heute nicht mehr schreiben, ich weiß. Schade eigentlich! Die Selbstverständlichkeit und Gelassenheit, mit der Wilhelm Müller hier „aus Nichts Etwas macht“, stünde manch heutigem Text ganz gut zu Gesicht, dessen „Etwas-Gelten-Wollen“ dem Leser und dem Hörer oft unangenehm aufstößt … Wie ein solcher Text im 21. Jahrhundert aussehen könnte, das bliebe dann freilich noch zu ergründen!

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