Christian Adolph Overbeck war vieles: Bürgermeister in Lübeck, Diplomat in Paris und Sankt Petersburg, Komponist; und auch ein Mann von einiger Sprachbegabung, was sich in vielen Übersetzungen niederschlug. Dass er auch Verse gemacht hat, wundert da nicht mehr … Seine Gedichte sind eine bunte Mischung, leichte Stücke, Kinderlieder, aber auch Werke wie „Auf das Bildnis einer Dulderin“:
Das ist ihr Blick, ihr freundlichfrommer Zug;
Das ist sie selbst, ihr atmend Leben;
Das hast du, Maler, hier gemalt,
Hast uns Natur in stiller Kunst gegeben;
Für deine Kunst und dich, genug.
Doch den verschleierten, ins sanfte Herz
Zurückgewichnen Zug, der nur in Leiden
Hervor, gleich dem Gestirn in Mitternächten, strahlt;
Die Gottgelassenheit in langem Schmerz,
Die harrende Geduld, an der sich Engel weiden;
Den Heldenzug, den nur ein Engel malt,
Den hast du, Maler, nicht gemalt.
Ein, dem Inhalt angemessen, ruhiger Text, nicht zuletzt durch den Wechsel von doch recht langen Versen; es sind Vier-, Fünf- und Sechsheber vertreten! Es gibt keine der im Madrigal üblichen Waisen, aber die einander zugehörigen Reimwörter stehen oft sehr weit auseinander, ehe am Schluss dann das doppelte „malt“ für einen kräftigen Abschluss sorgt.