Erzählverse: Der Blankvers (66)

Georg Heyms „Dionysos“ ist ein langes Gedicht; ich stelle hier die letzten fünfzehn Verse vor. Heym hat Dreiergruppen von ungereimten iambischen Fünfhebern geschrieben, also: von Blankversen. Vielleicht könnte man auch „Strophen“ sagen; aber wirkliche Strophen wiederholten auch die Anordnung der „männlichen“ und „weiblichen“ Schluss-Silben; und das geschieht eben nicht, die Dreiergruppen haben mal diese Versenden, mal andere:

 

Sie passen in die Königskleider nicht,
Die Zwerge, die wie kleine Affen hocken
Im Götterpurpur auf der Blitze Thron.

Kehr wieder, Gott, dem Pentheus einst erlag.
Du Gott der Feste und der Jugendzeit.
Kehr wieder aus des Waldes grünem Reich.

Kehr wieder, Gott. Erlösung, rufen wir.
Erlöse uns vom Kreuz und Marterpfahl.
Tritt aus dem Walde. Finde uns bereit.

Wir wolln dir wieder Tempel bauen, Herr.
Wir wollen Feuer an die Kirchen legen,
Vergessen sei des Lebens Traurigkeit.

Wir flehn zu dir in mancher stillen Nacht.
Wir sehen hoffend zu den Sternen auf.
Tritt aus den Sternen. Hör das Rufen, Herr.

 

Ein wirkungsvolles Gedicht, keine Frage! Das sicher auch durch die Art geprägt wird, auf die Satz und Vers fast immer zusammenfallen; deckungsgleich sind. Wie das im Expressionismus im Allgemeinen und bei Heym im Besonderen halt so üblich war … Ob auch die Verteilung von betonten (Im Textausschnitt in großer Überzahl) und unbetonten Schluss-Silben eine Rolle spielt?! Wer weiß; dafür müsste man sicher das ganze Gedicht ansehen.

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