Welchen Grund könnte es geben, die Bibel, genauer: das Buch Hiob in Hexameter zu übertragen?! Der es tat, erklärt es nicht im entsprechenden Büchlein – das Titelblatt sagt es nicht, obwohl es sonst viel sagt …
Das Buch Hiob in deutschen Hexametern. Ein Scherflein zur akademischen Feier der fünfundzwanzigjährigen glorreichen Regierung unsers Allergnädigsten Königs Maximilian Joseph, beigetragen von Dr. Georg Libor Eyrich, geistl. Rat und Professor an der k. Universität zu Würzburg. Würzburg 1824. Gedruckt bei Carl Wilhelm Becker, Universitäts-Buchdrucker.
… und danach spricht nur noch die Übertragung, 88 Seiten lang. Aus dem „39. Kapitel“:
Schwingt sich der Habicht empor durch deine Weisheit, und breitet
Seine Schwingen dem Südwind entgegen? Erhebt sich der Adler
Deinem Befehle gemäß und bauet auf Höhen sein Nest sich?
Klippen bewohnt er, und hauset auf steilen Gebirgen und Felsen,
Späht nach Beute von da; sein Aug‘ entdeckt sie von Ferne;
Blut nur schlürfen die Jungen; wo Leichen sich finden, da ist er.
Klingt eigentlich gar nicht so übel?! Ich weiß nicht, ob das eine eigenständige Übersetzung ist oder die „Hexametrisierung“ einer schon vorhandenen Übersetzung; der letzte Vers lässt mich aber ein wenig an die Luther-Bibel denken, „Seine Jungen saufen Blut, und wo ein Aas ist, da ist er.“ Das klingt in der heutigen Luther-Bibel ein wenig anders – „Seine Jungen gieren nach Blut, und wo Erschlagene liegen, da ist er“ -, aber eigentlich hat es genau die richtige Länge für einen Hexameter?! Die Umformung müsste also leicht von der Hand gegangen sein!
Das ist aber nicht immer so. Der Schluss des Buches Hiob lautet in der Luther-Bibel seit jeher „Und Hiob starb alt und lebenssatt“ – da ist in der Übertragung Phantasie gefragt, mehr als fünf betonte Silben gibt das auf keinen Fall her! Was macht Eyrich?!
Endlich starb er, ein Greis, nach vollendeter Fülle der Tage.
Uh. Das klingt … nicht so überzeugend. Da ist der alte Luther in seiner kurzen, knappen Art schwer zu schlagen! Was auch die (katholische)“Einheitsübersetzung“ einsehen muss, die gleichfalls ein wenig weitschweifig ist: „Dann starb Hiob, hochbetagt und satt an Lebenstagen.“
Auch nicht viel besser als Eyrichs Hexameter … Dann doch, wie gesagt, lieber Luther in reiner Form. In Luthers Bibel finden sich nicht wenige unabsichtliche Hexameter – wer sucht, wird fündig werden, oder er schaut einfach hier vorbei: (95) -, was bei der rhythmischen Kraft seiner Übersetzung vielleicht gar nicht so erstaunlich ist?!