ta TAM TAM ta TAM – das ist im deutschen Vers eine seltene Bewegung?! In der deutschen Prosa auch, aber: sie kommt vor. So stolperte ich heute im fünften Band von Hermann Hesses „gesammelten Werken“, erschienen 1978 bei Suhrkamp, am Ende von „Narziß und Goldmund“ auf folgende Sätze:
Narziß legte ihm die Hand auf den Arm, sofort schwieg er und schloss lächelnd die Augen. Er schlief friedlich ein. Verstört lief der Abt und holte den Arzt des Hauses, Pater Anton, dass er nach dem Kranken sehe.
– So zu finden auf Seite 315.
Weil der Antispast (ta TAM TAM ta) und der Dochmius (ta TAM TAM ta TAM) aus entgegengesetzt betonten Gliedern gebildet sind, brechen sie sich gleichsam in sich selbst und widerstreben sich im Schritt; also sind sie vorzugsweise geeignet, den Wechselstreit der Gefühle und die Stöße der Leidenschaften zu malen. Sie haben also den Charakter des Gebrochenen an sich; sie stürmen nicht vorwärts, ihre Bewegung ist gehemmt durch Widerstreit: sie dehnen sich mehr aus, indem sie ihre Kraft entwickeln, und werfen allen Nachdruck auf sich selbst, was besonders vom Antispast gilt. Denn der Dochmius, um eine Silbe länger, tut zugleich einen Schritt vorwärts, nicht ohne Beschwer und würdevoll: er erobert sich gleichsam ein Feld, wo er seine Gewalt ausbreitet. Beide Füße scheinen daher ihrer Natur nach bestimmt, das Ringen und Kämpfen der Seele, den Widerstreit und Widerstand zu veroffenbaren; was schmerzlich ist und Klage erweckt, ergießt sich durch diese Formen wie ein Strom über Felsen.
Schreibt Johannes Minckwitz in seinem „Lehrbuch der rhythmischen Malerei der deutschen Sprache“. Drei solche „ta TAM TAM ta“, dabei sogar zweidirekt aufeinanderfolgende, sind im Hesse-Ausschnitt enthalten: „Narziß legte“, und
sofort schwieg er und schloss lächelnd
Und gleich darauf, auch unmittelbar aufeinander folgend, stehen zwei „ta TAM TAM ta TAM„!
Er schlief friedlich ein. Verstört lief der Abt
Ob man das mit Minckwitz Vorstellungen in Übereinstimmung bringen kann?! Die „Verstörung“ sicherlich, das „lächelnd“ und das „friedlich“ vermutlich weniger … Insgesamt eine eigenartige Stelle, die noch eigenartiger wird durch den Reim „schlief“ / „lief“ – wieder ein „Vershinweis“!
Er schlief friedlich ein.
Verstört lief der Abt
– Und eigentlich könnte man das wirklich als zwei Verse untereinandersetzen: „ta TAM TAM ta TAM„.