Christoph Martin Wieland erzählte gerne in Versen, und er tat es gut: Leicht und abwechslungsreich fließen ihm die Sätze durch die Verse. Ein Beispiel aus seinem „Schach Lolo“, mit dem schon bekannten Wechsel von Vier-, Fünf- und Sechshebern bei freier Reimstellung, ist der Beginn eines typischen Tages im Leben des „Helden“:
Schach Lolo streckt sich, gähnt, bohrt in der Nase, dreht
Die Augen, und so fort – kurz, steht ein wenig dummer
Als gestern auf, verrichtet sein Gebet,
Wird abgewaschen, angezogen,
Beräuchert, nimmt sein Frühstück, geht
In seinen Divan – wo, sobald die goldne Türe
In ihren Angeln knarrt, die Emirn und Wesire
(Als Erdgeschöpfe, die den Glanz der Majestät
Mit bloßen Augen nicht ertragen)
An seines Thrones Fuß die Sklavenstirnen schlagen.
Der Großwesir verrichtet nun sein Amt,
Und Lolo, der indes mit hohen Augenbrauen
Im Staate sitzt und sich mit Betelkauen
Die Zeit vertreibt, begnadigt und verdammt,
So wie sich’s trifft, die Bösen und die Frommen.
Das liest sich, als wäre es im Augenblick hingeworfen worden; doch auch, dass man dem Text die viele Arbeit, die es kostet, diesen Eindruck zu erwecken, nicht ansieht, gehört zu seinem Wert!