Ein drittes und letztes Beispiel für den kanzonenartigen Gedichtaufbau, der schon in Schillers Sonette (1) und Schillers Sonette (2) vorgestellt worden ist. Diesmal ist es ein Gelegenheitsgedicht, drei Stropen „An Demoiselle Slevoigt“ anlässlich ihrer Hochzeit. Die erste davon:
Zieh, holde Braut, mit unserm Segen,
Zieh hin auf Hymens Blumenwegen!
Wir sahen mit entzücktem Blick
Der Seele Anmut sich entfalten,
Die jungen Reize sich gestalten
Und blühen für der Liebe Glück.
Dein schönes Los, du hast’s gefunden,
Es weicht die Freundschaft ohne Schmerz
Dem süßen Gott, der dich gebunden;
Er will, er hat dein ganzes Herz.
– Was man so schreibt bei derlei Gelegenheiten … Aber trotzdem gut gemacht, mit Herz-Schmerz-Reim und allem!
Der Vers ist diesmal der iambische Vierheber, und wie bei den anderen beiden vorgestellten Texten hat Schiller auch hier die „Einzelteile“ der Langstrophe in anderen Gedichten genutzt: Die einleitende sechszeilige Schweifreimstrophe zum Beispiel (gegen ihren sonstigen Gebrauch) erzählend in seiner berühmten Ballade „Der Ring des Polykrates“, den allgemein sehr häufigen kreuzgereimten Vierzeiler gleichfalls erzählend in „Das Mädchen aus der Fremde“.