Im Reimpaar aus iambischen Vierhebern sind gegensätzliche Kräfte am Werk: Der Reim, der das Verspaar zu einer nachdrücklichen Einheit verklammert, und der beschränkte Platz, der nicht viel Aussage zulässt und das Verspaar sogar oft etwas kurzatmig wirken lässt. Beides lässt sich in Kurt Tucholskys „Ach, sind wir unbeliebt!“ aus dem Jahre 1919 finden:
Wenn man, wie wir, den Umsturz liebt,
macht man sich häufig unbeliebt.
Die Herren mit dem hohen Kragen.
die können dieses nicht vertragen.
Das Fräulein Ännchen reicht mir Tee.
Der Herr Assessor will Calais.
Wir sprechen auch vom Liebknecht-Mord.
Sie gleiten hurtig drüber fort.
Man denkt voll Freuden des Gerichts.
Ich räuspre mich und sage nichts.
Der Herr Assessor guckt mich an:
Ist das ein Bolschewistenmann?
Und auch das Fräulein Ännchen schaut.
Wie zart ist ihre weiße Haut!
Doch je auf meinen Kissen ruhn –
das wird sie ganz gewiss nicht tun.
Ich fühl es leider ganz genau,
sie ist wie jede kleine Frau:
Sie liebt nicht den, der revoltiert –
brav muss er sein, dem sie gebiert.
Wie ist sie süß! Wie ist sie munter!
Ich falle langsam hinten runter.
So zeigt sichs wieder, Bruder – nämlich:
Gesinnung ist oft unbequemlich,
wenn man sich sozialistisch gibt …
Ach Gott, wie sind wir unbeliebt!
Das dabei drei der Verspaare „weiblich“, also mit unbetonter Silbe enden, fällt nicht weiter ins Gewicht, oder besser: ist nur eine Auflockerung?!