Gedichte über Wasserfälle sind, solange sie sich auf die reine Beschreibung beschränken, recht ähnlich. Drei älterere Einträge, Der Hexameter (53), Das Sonett (13) und Ganz frei, beschäftigte sich mit Gedichten zum Rheinfall, unter anderem auch mit Eduard Mörikes in Distichen gehaltenem „Am Rheinfall“; hier ein weiterer „Fall“, Theodor Körners „Der Zackenfall“:
Brausend stürzt sich die Flut in die dunkle, schwindelnde Tiefe,
Und im silbernen Schaum bricht sich die Farbe des Lichts.
Ewig verjüngt sich der Fall; es drängt sich Woge auf Woge,
Und seit Jahrtausenden kämpft hier mit den Fluten der Fels.
Aber umsonst strebt er dem Elemente entgegen,
Und der ewige Kampf bleibt das Gesetz der Natur.
Stolz wie die brausende Flut, so das kühne Streben des Jünglings,
Das durch des Schicksals Nacht mutig den Mutigen reißt.
Hell fließt, wie nach dem Sturze der Bach, nach den Kämpfen der Jugend
Ihm auch des Lebens Strom rein und kristallhell dahin.
Das ist, in der Bildlichkeit, schwächer als bei Mörike, und auch in der Versgestaltung ein wenig nachlässiger, bezogen auf das Sibengewicht, und dadurch unruhiger?! Aber trotzdem: Ein gelungener Text!
Zum Vergleich noch eine Prosabeschreibung des Falls aus Körners Zeit, zu finden in den „Bildungsblättern“ von 1807:
„Der Fluss, welcher den Zackenfall bildet, heißt Zackerle. Er war ziemlich stark angeschwollen. Jäh und heldenkühn stürzt er zwischen hohen Granitwänden 145 Fuß (nach Angabe unseres Führers, Zeidler) tief hinab in einen engen, düstern Schlund, wohin ihm das Auge mit Schaudern folgt. Er hat sein Bette wohl zwanzig bis dreißig Fuß breit in den Granitfelsen ausgehöhlt. Das Tosen des Sturzes war so stark, dass wir einander im Sprechen kaum verstehen konnten. Gegen sechzig Fuß stürzt das Wasser beinahe senkrecht und in einem schmalen Strahle herab; dann rauscht es ungleich breiter über einen schroffen Felsen, beinahe noch einmal so tief, herunter. Wie das eilt und bricht und schäumt! Mit jedem Augenblicke erscheint das Wogengetümmel erhabner, bewegt es stärker das Innerste.“ (M. Hergang)