Erzählverse: Der trochäische Vierheber (59)

Ephraim Moses Kuhs „Amors Nachfolger“ ist ein kurzes, eher epigrammatisches Gedicht ganz nach der Art des 18. Jahrhunderts:

 

Bei Dorinden fand ich neulich
Einen Mann mit Amors Bogen,
Und dem Köcher voller Pfeile.
Götter! rief ich, ich erstaune:
Ei! Wie schnell bist du gewachsen,
Guter, süßer Gott der Liebe!
Freund, du irrest, war die Antwort,
Mir, dem Gott des Eigennutzes,
Mir gab Amor seine Waffen,
Er besucht nicht mehr die Erde,
Ich vertrete seine Stelle.

 

– Aber noch heute lesbar, denke ich; auch durch die unauffällige Selbstverständlichkeit, mit der die ungereimten trochäischen Vierheber die Sprache gestalten! Wenn man sich einzelne Dinge anschaut, zum Beispiel die Verteilung der Satzpausen, oder die Gestaltung der Versschlüsse: bemerkt man schnell, dass „unauffällig“ dabei keineswegs „nicht durchdacht“ meint …

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