Erzählformen: Das Distichon (68)

Johannes Minckwitz findet in seinem „Lehrbuch der rhythmischen Malerei der deutschen Sprache“ viele blumige Worte; die folgenden gelten dem Distichon.

Die allgemeine Bewegung des Ganzen ist eine spondeisch-daktylische, reich an Wechsel von Anfang bis zu Ende, uneingeschränkt im Hexameter und in der ersten Hälfte des Pentameters, in der zweiten indessen auf den bloßen daktylischen Wechsel angewiesen. Frei sich entfaltend und schwungvoll in ihren Rhythmen sich fortbewegend, schließt die Strophe leichten Tanzes, allgemach ihre Schwingen niedersenkend, so dass sie den Lauf ihres Stromes in sich selbst vollkommen abrundet. Die Melodie desselben ist eine kräftige, rasch auf- und absteigende, sich wiegende und sanft verhallende Tonweise, von Länge nur gering und auf zwei Hauptströmungen beschränkt, deren zweite gleichsam das gebrochene Echo der ersten ist.

Nun ist zum Distichon alles und sein Gegenteil geschrieben und gesagt worden; man muss sich sein eigenes Bild machen. Dabei hilft aber das Zur-Kenntnis-Nehmen solcher Beschreibungen ganz sicher, auch wenn sie vielstimmig sind, nicht immer dasselbe sagen; irgendwo, in der Mitte von all dem, liegt die Wahrheit.

Wobei mir Minkwitz‘ Ausführungen, das sei gesagt, schon recht einleuchtend erscheinen?! In seinen Beispielversen vergleicht er den Distichonklang mit  der „Musik lieblicher Seemelodien“,

 

Welche die Wog‘ aufsteigend erhebt und in Schwingungen fortsetzt,
Bis sie, geborsten, im Ton fallender Wasser zerrinnt.

 

Das ist ein ziemlich stark antikisierendes Distichon:

Welche die / Wog‘ auf- / steigend er- / hebt || und in / Schwingungen / fortsetzt,
Bis sie, ge- / borsten, im / Ton || fallender / Wasser zer- / rinnt.

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Der Vortrag ist dementsprechend nicht ganz so einfach, sollte aber gelingen?! Insgesamt unter den vielen Beispielen, das Distichon an und durch sich selber zu beschreiben, ein guter Versuch; aber keiner der besten …

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