Erzählformen: Siebenzeiler (1)

Siebenzeilige Strophen sind unter den deutschen Strophen, deren große Mehrheit eine gerade Anzahl von Versen hat, eher die Ausnahme; einen genauen Blick sind sie aber bestimmt wert!

Ein erstes Beispiel, „Freiheit“ von Friedrich Schlegel – kein besonderes Gedicht, aber formal eine sehr häufige Bauform im Siebenzeiler!

 

Freiheit, so die Flügel
Schwingt zur Felsenkluft,
Wenn um grüne Hügel
Weht des Frühlings Luft,
Sprich aus dem Gesange,
Rausch in deutschem Klange,
Atme Waldes Luft!

Was mit Lust und Beben
In die Seele bricht,
Dies geheime Leben,
Ist es Freiheit nicht?
Diese Wunderfülle,
Die in Liebeshülle
An die Sinne spricht?

 

Und so noch neun Strophen. Inhaltlich, nun ja. Aber das Reimschema, ababccb, lässt schon ahnen, dass hier die alte Kanzonenform verwirklicht wird: Der erste Teil des Gedichts (ab) wird im zweiten Teil wiederholt (ab), ehe ein dritter Teil, der länger ist als jeder der beiden Teile davor, aber kürzer als beide zusammen, die Strophe schließt (ccb).

Ohne Frage eine wunderbar runde, fein abgestimmte, gültig wirkende Bauweise! Das abab, der aus zwei „Stollen“ bestehende „Aufgesang“, ist dabei oft eine bekannte Vierzeiler-Strophe, hier die Strophe von (zum Beispiel!) „Alle meine Entchen“. Oder, um beim Schlegelschen Inhalt zu bleiben: Von „Freiheit, die ich meine“ von Schenkendorf. Das anschließende ccb, der „Abgesang“, kann sich im Metrum vom Aufgesang abheben oder, wie hier, sich der gleichen Verse bedienen.

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