Julius Grosse lässt in „Thomas, der Fährmann“ seine Leser einem Gespräch lauschen; Wobei der eine Gesprächspartner durchaus anwesend ist, aber nicht zu Wort kommt – teils durch die Schuld des Verfassers, teils durch die Schuld seiner Hauptfigur … Der Anfang:
Es gibt kein Wetter, Herr. Nur leichte Wölkchen,
Sie kommen über’n See mit gutem Ostwind,
Und schwüle wird der Tag. Drum lasst bei Zeit
Uns nochmal trinken vor der langen Seefahrt.
Setzt euch nur ein. Wir haben Platz und Feuer,
Ich dank Euch, Herr – ein gutes Kraut. Erlaubt,
Dass ich zum Sonntag spare die Zigarre …
Ein alter Mann muss knausern, und beim Rudern
Heißt’s Achtung geben, um den Kurs zu halten.
Ihr schaut euch um, wir sind schon weit vom Land,
Spannt Euren Schirm nur auf, die Sonne sticht,
Die Luft ist klar – auf sieben Stunden sieht man
Jedwedes Schloss, Gehöft, Kapell‘ und Gasthaus
Ringsum am See und an den Bergen allen.
Schaut hin dort droben, deckt das Auge Euch.
Seht ihr das Schloss mit den zwei Türmchen vorn;
Die Fenster blitzen, den Balkon beschattet
Ein Linnendach – jetzt tritt es aus den Bäumen.
Da wohnen kluge Leute, Herr. Der Alte
Ist hochstudiert und half vor dreißig Jahren
Das Griechenvolk befreien von den Türken.
Drum schenkte ihm der Prinz das alte Waldschloss
Und machte ihn zum Edelmann. Nun wohnt er
Wohl manchen Sommer droben mir den Töchtern.
‚S sind schöne Mädchen, und noch alle ledig.
Wohl mancher Fremde schaute mit dem Fernrohr
Vom Nachen hin und fischte nur zum Schein –
Umsonst. Der alte Herr war lange glücklich,
Jetzt brummt er oft und seufzt bei seiner Zeitung,
Weil er nur Töchter hat, denn hätt‘ er Söhne –
Er schickte nach Italien sie zum Kaiser;
Zwar nicht wie er ein Volk dort zu befreien,
Nein, gegen die Rebellen. Herr, ’s ist seltsam,
Wie sich die Menschen ändern mit den Jahren.
Und so noch lange weiter, ein angenehm dahinplättschernder Strom von Tratsch in Blankvers-Form – der sich trotzdem lesen lässt!
Die „Befreiung des Griechenvolks von den Türken“ hatte einige Jahre vor Grosses Geburt begonnen und fand 1829, also in seinem ersten Lebensjahr ihr Ende; Dreißig Jahre später, 1859, kämpften die Italiener um die Unabhängigkeit von Österreich und seinem Kaiser. Hinter dem leichten Ton verbergen sich also doch ernste Ereignisse, die der Verfasser, der lange Zeit in München wohnte (und 1902 in Italien starb), aus nicht allzu großer Entfernung mitverfolgt hat …