Wie ergänzt man ein Reimpaar, und erhält im entstehenden Versgebilde doch den Eindruck und die Wirkung dieses Reimpaars?! Die einfachste Antwort auf diese Frage lautet: Mit einem Kehrreim! Ein klassisches Beispiel ist Adelbert von Chamissos „Tragische Geschichte“:
’s war Einer, dem’s zu Herzen ging,
Dass ihm der Zopf so hinten hing,
Er wollt‘ es anders haben.
So denkt er denn: wie fang ich’s an?
Ich dreh‘ mich um, so ist’s getan –
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Da hat er flink sich umgedreht,
Und wie es stund, es annoch steht –
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Da dreht er schnell sich anders rum,
’s wird aber noch nicht besser drum –
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Er dreht sich links, er dreht sich rechts,
Es tut nichts Gut’s, es tut nichts Schlecht’s –
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Und seht, er dreht sich immer noch,
Und denkt: es hilft am Ende doch –
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Er dreht sich wie ein Kreisel fort,
Es hilft zu nichts, in einem Wort –
Der Zopf, der hängt ihm hinten.
Man kann den dritten Vers auch ganz ungereimt lassen, dann ist es eine feine, kleine Strophe, die für vieles nutzbar ist; aber wie Chamissos Gedicht zeigt, kommt der Kehhreim zu ganz eigenen Wirkungen, er schafft Geschlossenheit und stegert dabei doch den Inhalt immer weiter, und das unabhängig davon, ob es sich wie hier um ein humoristisches Gedicht handelt oder ein erzählendes oder ein lyrisches.