Der Frühling; Am ersten Maimorgen

In den letzten Jahren hat der Verserzähler mehrere Gelegenheiten verstreichen lassen, das folgende Gedicht von Matthias Claudius am passenden, nämlich dem im Titel erwähnten ersten Mai-Tag, vorzustellen – nicht noch einmal!

 

Heute will ich fröhlich, fröhlich sein,
Keine Weis‘ und keine Sitte hören;
Will mich wälzen und für Freude schrein,
Und der König soll mir das nicht wehren;

Denn er kommt mit seiner Freuden Schar
Heute aus der Morgenröte Hallen,
Einen Blumenkranz um Brust und Haar
Und auf seiner Schulter Nachtigallen;

Und sein Antlitz ist ihm rot und weiß,
Und er träuft von Tau und Duft und Segen –
Ha! Mein Thyrsus sei ein Knospenreis,
Und so tauml‘ ich meinem Freund entgegen.

 

Claudius ist, wie ich finde, ein Unterschätzter. Die Unbekümmertheit und Kraft dieses Textes, die erst beim lauten Vortrag wirklich erfahrbar wird, hat mich jedenfalls schon immer für ihn eingenommen! Ein Stückweit ist dafür sicher auch die etwas ungewöhnliche Strophenform verantwortlich.

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