Jakob Julius David hat nicht sonderlich viele Gedichte geschrieben, und schon gar nicht in Distichen; aber da, wo er dem Leser eine antike Gestalt vor Augen stellten wollte: da doch!
Penelope
Endlos währte die Nacht. Mein Lager netzt‘ ich mit Tränen,
Drückt‘ an die Lippen den Pfühl, denkend des fernen Gemahls.
Bänglich graute der Tag. Ich ließ behende mein Bette
Und umwandelte zag Ithakas felsiges Rund;
Stieg zu den Höhen hinauf und wieder abwärts zur Küste,
Die mit gewaltigem Laut heiser die Meerflut umbrüllt.
Und ich spähte nach Wolken; es flog mein Blick nach den Bergen;
Ach! kein helles Fanal leuchtet mehr kündend darauf!
Längst erlosch mir die Glut, die Ilions Fall mir gemeldet,
Tief in der Seele mit ihr starb mir das frohe Vertraun.
Und mein Freund ward die See. Sie machte glanzlos mein Auge,
In das bewegliche Herz zog ihre Unrast mir ein,
Und wie Kunde von Fernen erklingt mir oft ihre Weise,
Sie zu deuten vermag nimmer mein armer Verstand.
So verblüh‘ ich denn einsam. Der Gattin des ratklügsten Mannes
Bleicht in ratlosem Leid langsam das nächtige Haar …
Keine Frage: Das sind nur durchschnittliche Hexameter und Pentameter, ein Hinweis von vielen sind da die vier Verse, die mit einer zweisilbigen Einheit beginnen, deren schwere (erste) Silbe mit „Und“ besetzt ist. Aber die Stimmung an sich bringen auch sie recht zuverlässig an den Leser!