Das meint, genauer: es steht ein neuer Eintrag im Hinterzimmer „Gesammeltes“, Rudolf von Gottschalls Anapästische Versmaße, ein Beitrag, der auch ganz gut verdeutlicht, dass man nicht immer allen alles glauben sollte …
Gottschall sagt allgemein über die metrischen Auflockerungsmöglichkeiten der anapästischen Verse:
Auch der Spondäus, dessen zweite Silbe einen höheren Ton erhalten muss, kann statt des Anapästus gesetzt werden.
Meint: Ein ◡ ◡ — kann gegen ein — — ausgetauscht werden, falls in diesem „Spondäus“ die zweite der beiden schweren Silben die gewichtigere ist.
Ein Beispiel von Gerhart Hauptmann, ein anapästischer Dimeter mit gleich zwei solchen Ersetzungen:
Licht glitzert das Eis, und der Schneesturm fegt
— — , ◡ ◡ — || ◡ ◡ — , — —
In den Beispielversen, die Gottschall für den anapästischen Dimeter gibt (entnommen aus August von Platens „Romantischem Ödipus“), hat aber in den Spondäen gleich dreimal die erste Silbe mehr Gewicht, also den „höheren Ton“!
Auf, auf, o Genossen! Er wandelt heran
Lichtschön, wie Apoll, der Köcher und Pfeil
Im Gebüsch ablegt, und die Leier bezieht
Mit Saiten! Es spült der kastalische Quell
An die Knöchel des Gotts und es schleicht Sehnsucht
In die liebliche Seele der Musen.
„Lichtschön“, „ablegt“, „Sehnsucht“. Das ist selbstverständlich von Platen so gewollt, der durch das Besetzen der Hebung mit der leichteren Silbe, während die schwerere Silbe in die Senkung rutscht, die dem antiken Spondäus eigene Gleichheit beider Silben so gut wie möglich im Deutschen nachbilden wollte; was nicht von allen Metrikern geschätzt wurde. Aber wie auch immer man dazu steht – erst eine Regel aufzustellen und dann ein Beispiel zu geben, das dieser Regel zuwiderläuft, ist doch ein wenig eigenartig …