Wieder ein Gedicht zum „Rheinfall von Schaffhausen“ – er fand schon Erwähnung in Der Hexameter (53), Das Sonett (13), Ganz frei , Das Distichon (73) und Die Wogenpferde (und nicht zu vergessen Das Distichon (41) zum Zackenfall).
– Ich weiß, die Überschrift klingt leicht missverständlich … Es geht um die Beschreibung des Rheinfalls am Anfang von Friedrich Gottlieb Klopstocks Ode „Aganippe und Phiala“, bei der es aber gar nicht wirklich um den Rheinfall geht, sondern er als Vergleichsgegenstand herhalten muss, hier: des Gesangs! Womit Klopstock dann auch schon seinen eigenen meinte … Die ersten fünf Strophen:
Wie der Rhein im höheren Tal fern herkommt,
Rauschend, als käm Wald und Felsen mit ihm,
Hochwogig erhebt sich sein Strom,
Wie das Weltmeer die Gestade
Mit gehobner Woge bestürmt! Als donnr‘ er,
Rauschet der Strom, schäumt, fliegt, stürzt sich herab
Ins Blumengefild‘, und im Fall
Wird er Silber, das emporstäubt.
So ertönt, so strömt der Gesang; Thuiskon,
Deines Geschlechts. Tief lags, Vater, und lang
In säumendem Schlaf, unerweckt
Von dem Aufschwung und dem Tonfall
Des Apollo, wenn, der Hellenen Dichter,
Phöbus Apoll Lorbeern, und dem Eurot
Gesänge des höheren Flugs
In dem Lautmaß der Natur sang,
Und den Hain sie lehrt‘, und den Strom. Weitrauschend
Halltest du’s ihm, Strom, nach, Lorbeer, und du
Gelinde mit lispelndem Wehn,
Wie der Nachhall des Eurotas.
Dazu ließe sich jetzt manches sagen, aber ich denke, für die heutige Zeit ist das doch deutlich zu verschwurbelt und inhaltlich ohnehin nicht mehr verständlich?! Aber immerhin, die zweite Strophe, die mit dem Rheinfall: die ist gut! (Auch wenn Klopstock, wie alle anderen, die den Rheinfall besungen haben, nicht ohne das „donnern“ auskommt.)
Wer metrische Tüftelarbeit liebt, kann ja einmal versuchen, der Strophe auf die Schliche zu kommen, die Klopstock hier verwendet hat; aber Vorsicht! Es ist eine seiner Eigenentwicklungen, und daher ziemlich ungewöhnlich. Aber darum geht es ja der ganzen Ode – um genau diese Art von „Gesang“ …