Wieland, Lucian, Böttiger

Karl August Böttiger war ein Zeitgenosse Schillers, Goethes, Wielands und Herders; sein „Literarische Zustände und Zeitgenossen“ (herausgegeben von Klaus Gerlach und Rene Sternke, erschienen 1997 im Aufbau-Verlag) ein wunderbares Buch, und das in vielerlei Hinsicht, zum Beispiel, weil es erahnbar macht, wie tief die klassischen Dichter in ihren Dichtungen und ihren anderen Arbeiten versanken.

Über Christoph Martin Wieland, der die sämtlichen Werke des Lucian von Samosata vorbildlich übersetzt hatte, schreibt Böttiger:

Wieland hat ein Makulaturexemplar des Lucians. Dies war lange Zeit seine Lektüre und Serviette, wenn er im Tempel der Cloacina saß. Hier, gestand er mir, konnte er sich oft selbst nicht genug über die glücklichen Wendungen und Orginalität seiner Übersetzung wundern, so dass er einigemal sogleich in seine Bibliothek lief, um zu sehen, ob Lucian hier auch treu übersetzt sei, aber allezeit fand, dass er dem Griechen sein volles Recht hat wiederfahren lassen.

Bei manchen Dingen weiß ich nicht recht, ob ich sie mir vorstellen will und soll oder nicht; aber hier ist die Entscheidung dann doch ein „Ja“ …

Vielleicht noch ein Satz aus dem Lucian, in Wielands Übersetzung  – es geht um das Innere eines nicht bildlichen, sondern wirklichen Tempels:

Hier atmet man diesen ambrosischen Wohlgeruch, der von der Luft des glücklichen Arabiens gerühmt wird; er duftet einem schon von ferne unbeschreiblich angenehm entgegen und verlässt einen auch nicht, wenn man wieder weggeht, sondern setzt sich in die Kleider, und man glaubt ihn noch lange überall zu spüren.

Schön gesagt, schön übersetzt.

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