Erzählverse: Der iambische Trimeter (1)

In tausend Bildern drängt sich’s vor die Seele mir:
Des Scherzes Fülle, dicht am Ernst, und Lieb‘ und Hass

Zwei Beispielverse für die Versart, um die es hier gehen soll, entnommen aus Eduard Mörikes „Lang, lang ist’s her“. Was ist das also für ein Vers, wie ist er gebaut, wie bewegt er sich?!

Der iambische Trimeter ist ursprünglich ein antiker griechischer Vers, der im Zuge der Übersetzung wichtiger Texte gegen Ende des 18. Jahrhunderts seinen Weg in die deutsche Dichtung gefunden hat. Seitdem ist er nicht nur ein griechisches, sondern auch ein deutsches Versmaß; und als solches wird er hier betrachtet unter weitgehender Vernachlässigung seiner antiken Herkunft. So beliebt wie der Hexameter oder der Blankvers wurde er nicht; trotzdem haben viele bedeutende Dichter großartige Stücke in diesem Maß geschrieben!

Wie aber sieht dieser Vers genau aus? Nun: Trimeter sind ungereimte Verse, die im Text ohne strophische Anordnung einfach aneinandergereiht werden. Jeder Trimeter hat zwölf Silben, wobei sich unbetonte und betonte Silben regelmäßig abwechseln. Im Schema sieht das so aus:

x X x X x X x X x X x X

Dabei ist „x“ eine unbetonte Silbe und „X“ eine betonte.

Das wirkt jetzt erst einmal recht schlicht. Zu der reinen Silbenfolge kommen aber noch einige weitere Eigenschaften des Verses, die hier nach und nach vorgestellt werden sollen. Nur knapp das wichtigste:

– Der Vers ist recht lang. Das macht einen Einschnitt etwa in der Mitte des Verses nötig, damit er nicht „breiig“ wirkt, nicht zerfließt; sondern sich fest und klar bewegt. Diese „Zäsur“ ist [b]sehr[/b] wichtig für den guten Klang des Trimeters!

– Das Versende ist in der Versbewegung nicht herausgehoben, das heißt, dieselbe Bewegung – unbetont, betont, unbetont, betont … – geht nahtlos von einem Vers in den nächsten über. Außerdem ist der Trimeter ungereimt. Will man den Versschluss, und damit die Vers-Einheit also verdeutlichen, muss das über den Inhalt geschehen.

– Müsste sich der Trimeter auf das unablässige „unbetont – betont …“ beschränken, wirkte er in längeren Texten sehr eintönig. Um das zu verhindern, sind verschiedene Auflockerungen dieser Grundbewegung möglich – statt einer können zwei unbetonte Silben gesetz werden, es können „versetzte Betonungen“ vorkommen und anderes mehr.

Das soll es dann auch schon gewesen sein für den ersten Beitrag; Ich schließe ihn mit einigen weiteren Beispielversen. Dafür bemühe ich noch einmal Mörike – nicht zu fällig, denn für mich hat er mit die besten Trimeter geschrieben. Am Anfang seiner „erbaulichen Betrachtung“ findet sich ein Vergleich homerischen Ausmaßes, der dabei aber eher idyllisch als heroisch daherkommt:

Als wie im Forst ein Jäger, der, am heißen Tag
Im Eichenschatten ruhend, mit zufriednem Blick
Auf seine Hunde niederschaut, das treue Paar,
Das, Hals um Hals geschlungen, brüderlich den Schlaf,
Und schlafend noch des Jagens Last und Mühe teilt:
So schau ich hier an des Gehölzes Schattenrand
Bei kurzer Rast auf meiner eignen Füße Paar
Hinab, nicht ohne Rührung; in gewissem Sinn
Zum ersten Mal, so alt ich bin, betracht ich sie,
Und bin fürwahr von ihrem Dasein überrascht,
Wie sie, in Schuh’n bis überm Knöchel eingeschnürt,
Bestäubt da vor mir liegen im verlechzten Gras.

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