Erzählverse: Der Hexameter (170)

1828 schrieb Matthias Altmann sein „Oberösterreichisches Georgicon“, und er da er schon in diesem Titel Bezug auf Vergils „Georgicon“ nimmt, beginnt der Text dann auch mit einer Anrufung des alten Römers:

 

Dich, unsterblicher Vergil! Du Sänger lieblicher Lieder,
Der du besangst die Geschäfte des nimmerruhenden Landmanns,
Nachahmen möcht‘ ich dich gern; doch es wohnt in mir nicht die Gottheit,
die den himmlischen Funken in deinem Busen dir nährte!
Nicht Italiens milder Himmel lächelt mir Fernem,
Nicht in Neapels herrlichem Lande glänzt mir die Villa,
Duften Orangen mir nicht die süßesten Wonnegerüche.
Zwar im Schatten der Bäume steht freundlich mein Haus mir gezimmert,
Rings umgeben von fruchtbaren Feldern, mit Bäumen bewachsen,
Und von grünenden Wiesen, die abwärts zum Bache sich dehnen,
Der durch die Erlen sich schleicht. Allein, sei auch unsere Gegend
Noch so lieblich und fruchtbar, sie bleibt nur trockene Prosa
Gegen Italiens Land, und es mag bei süßem Falerner
Und behaglicher Ruh‘ ein Lied wohl eher gelingen
Als bei herbem Most und Kräfte erschütternder Arbeit.

 

Ein Werk, das die Bekanntheit des Vorgängers und Anregers nun gar nicht erreicht hat (und ursprünglich, trotz seiner beachtlichen Länge von 15 Gesängen, auch gar nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war); und trotzdem gut zu lesen ist und den Hexameter sicher verwirklicht! Manchmal muss man zweimal ansetzen, um die Bewegungslinie zu finden, und manchmal sind halbe, ja sogar ganze Verse eine Ansammlung von vergleichsweise leeren Einsilbern (hier V3), aber insgesamt: doch!

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