Erzählverse: Der Blankvers (124)

Hugo von Hofmannsthals „Glückliches Haus“ ist ein kurzer Text, nur sechzehn Verse:

 

Auf einem offenen Altane sang
Ein Greise orgelspielend gegen Himmel,
Indes auf einer Tenne, ihm zu Füßen,
Der schlanke mit dem bärtigen Enkel focht,
Dass durch den reinen Schaft des Oleanders
Ein Zittern aufwärtslief; allein ein Vogel
Still in der Krone blütevollem Schein
Floh nicht und äugte klugen Blicks herab.
Auf dem behauenen Rand des Brunnens aber
Die junge Frau gab ihrem Kind die Brust.

Allein der Wanderer, dem die Straße sich
Entlang der Tenne ums Gemäuer bog,
Warf hinter sich den einen Blick des Fremden
Und trug in sich – gleich jener Abendwolke
Entschwebend, über stillem Fluß und Wald –
Das wundervolle Bild des Friedens fort.

 

Das hilft sicherlich, einen Eindruck von Abgeschlossenheit und Vollkommenheit zu erzeugen, und auch der Inhalt, der nichts weiter verlangt als Beschreibung, ist kein Hindernis in dieser Hinsicht. Aber trotzdem: Wie Hofmannsthal hier die Blankverse gestaltet, mit gelegentlicher doppelt besetzter Senkung und allem. ist schon sehr beeindruckend!

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