Erzählformen: Das Reimpaar (39)

Detlev von Liliencrons „Für und Für“ bietet inhaltlich solide Kost; bezogen auf die Form wird deutlich, wie wichtig die Geschlossenheit des Reimverspaares ist, soll es als Strophe, als wiederholte Grundeinheit eines Gedichts erfahrbar werden.

 

Im ersten matten Dämmer thront
Der blasse, klare Morgenmond.

Den Himmel färbt ein kühles Blau,
Der Wind knipst Perlen ab vom Tau.

Der Friede zittert: ungestüm
Reckt sich der Tag, das Ungetüm,

Und schüttelt sich und brüllt und beißt
Und zeigt uns so, was leben heißt.

Die Sonne hat den Lauf vollbracht,
Und Abendröte, Mitternacht.

Im ersten matten Dämmer thront
Der blasse, klare Morgenmond.

Und langsam frisst und frisst die Zeit
Und frisst sich durch die Ewigkeit.

 

Nur einmal, vom dritten ins vierte Verspaar, ein mäßig heftiger Zeilensprung, allerdings an der bewegtesten Stelle des Textes; sonst gilt: eine Betrachtung, ein Geschehen füllt immer genau ein Verspaar.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert