Die Uz-Strophe (2)

Streng umgesetzt hat die im ersten Eintrag vorgestellte Grundstrophe Nikolaus Dietrich Giseke in seinem vielstrophigen „Winter“; hier folgen nur einige Strophen daraus, beginnend mit dem Aufrufen der zur Jahreszeit gehörenden Stille:

Die Wälder feiern. Es herrscht ein nächtliches Schweigen in ihnen,
Und tiefe Stille verdränget den Lärm.
Nur selten zwitschert hier noch ein einsam irrender Vogel,
Und sucht die sparsame Nahrung im Schnee.

Diese Stille zieht sich durch das Gedicht, in der folgenden Strophe taucht sie als das „sie“ des Anfangs auf:

Sie ruft uns vor den Kamin. Uns brennt ein milderes Feuer
Als auf dem städtischen, kärglichen Herd.
Zufrieden sitzen um ihn wir gleichen, zärtlichen Freunde
In einem engen, vertraulichen Kreis.

Oder hier:

Indessen schweiget um uns die ganze Gegend. Die Stille
Bewohnt das Dorf und den Hof und das Haus,
Wenn nicht das mutige Ross in dem benachbarten Stalle
Sich schüttelt, stampfet und Futter begehrt.

Wobei zur Stille des Winters noch die Stille der Nacht kommt …

Oft lockt der freundliche Mond und sein Gefolge, die Sterne,
Den kühnen Fuß in den Garten hinaus.
Und ernsthaft schauet auf uns der majestätische Himmel
Mit seinen zahllosen Welten herab.

… und auch die Einsamkeit. Aber eine ganz eigene:

Der Tag eilt fröhlich hinweg. Die Sonne sieht uns, und freut sich,
Und gern verweilte sie länger bei uns;
Doch sie muss eilen. Ihr folgt der Abend, unser Vertrauter,
Er, aller Liebenden Liebling und Freund.

Ihr kostbaren Stunden, euch stört kein unbequemer Besucher!
Ihr bleibt dem reinsten Vergnügen bestimmt.
O Einsamkeit! Sei mir gegrüßt! In meiner Daphne Gesellschaft
Beglückst du jede Minute mit Lust.

Wie gesagt, das ist nur ein Teil des Gedichts, sechs von 32 Strophen; aber der zur Form gehörende Ton, hier in Gisekes Ausformung, wird doch ganz gut hörbar?!

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