Erzählformen: Das Reimpaar (23)

Von Hermann Claudius hatte ich bisher nur die beiden Schlagwörter „Nazi-Dichter“ und „Urenkel von Matthias Claudius“ im Kopf (wie auch immer man die beiden zusammenbringen und -denken soll …) Jetzt kam mir der erste Band von Claudius‘ „Gesammelten Werken in zwei Bänden“ in die Hände, erschienen 1957 im Christian Wegner Verlag, und  von dem, was damals 20 Jahre zurücklag, findet sich – nichts. Stattdessen viele unauffällige Gedichte über die Natur, Gott und das einfache Leben, nichts wirklich Gutes, nichts abgrundtief Schlechtes; und dann und wann ein leiser, ferner Anklang und Bezug auf das, was 200 Jahre zurücklag, die Texte des berühmten Vorfahren. „Simple Ballade“ (zu finden auf Seite 52):

 

Hans Peter Simpel sprang, ward groß,
trank seine Milch, aß seinen Kloß,
hatt‘ einen frischen, harten Mut,
schlug um sich und war wieder gut,
pflügt‘, säte, mähte, schlief auf Stroh,
nahm sich ein Weib, war mit ihm froh,
zeugt‘ lieber Kinder sechse, sieben,
ward hochbetagt und ist verschieden …
Und als er kam ins Himmelsland,
war’n Gott und er sich wohlbekannt.
Gott sprach: sitz nieder, liebe Seel,
Hans Peter Simpel, und verzähl! –

 

Das ist nun, die Überschrift ist Programm! bewusst einfach gehalten bis an die Grenze zum Ungeschickten – simpel eben. Immerhin lohnt es sich, über den Anteil nachzudenken, den das Reimpaar an diesem Eindruck hat; es bietet der schlichten Aufzählung, und aus mehr besteht das Gedicht ja eigentlich nicht, jedenfalls einen geeigneten Rahmen!

Matthias Claudius‘ bekanntes Gedicht „Der Mensch“ beginnt mit „Empfangen und genähret / vom Weibe wunderbar“ und schließt, nachdem die Stationen des Menschenlebens durchlaufen sind, mit „Denn legt er sich zu seinen Vätern nieder, / Und er kömmt nimmer wieder.“ Wunderbar. Manchmal sind Gedichte einfach gestrickt; und manchmal sehen sie nur so aus …

Die Bewegungsschule (40)

Ein Nachklang zum letzten Eintrag der „Bewegungsschule“, der sich ja ausführlich mit dem Pentameter beschäftigt hat; und zwar in seiner Rolle als zweiter Vers im Distichon. Auf diese Rolle ist der Pentameter festgelegt und kommt selbstständig oder als Bestandteil anderer Formen eigentlich nicht vor.

Eigentlich! Wie immer lohnt es, in solchen Fällen bei Friedrich Gottlieb Klopstock vorbeizuschauen, genauer: bei seinem Gedicht „Sie“ (bemerkenswerter Titel, auch).

 

Freude, wem gleichst du? Umsonst streb ich zu wählen. Du bist
Allem, was schöner ist, gleich, allem, das hoch
Sich erhebet, allem, was ganz
Rühret das Herz.

O, sie kennen dich nicht! Wissen sie, dass du nicht kommst,
Wenn sie dir rufen? Dass du, Freieste du,
Sie, wenn zu zwingen sie wähnen, verlachst,
Fliehend verlachst?

Freieste, aber du bist Fühlenden, Redlichen hold,
Lächelst ihnen. Du labst dann wie der West,
Blühest wie Rosen, welche mit Moos
Gürten ihr Blatt,

Glühst von der Lerche Glut, hebt sie gen Himmel sich, weinst,
Wie die gekränzete Braut, wie, wenn den Sohn,
Junge Mutter nunmehr, sie umarmt,
Drückt an ihr Herz.

Aber du weinest auch, wenn mit der Wehmut du dich
Einst und der Tröstung. Besucht oft sie, ihr drei,
Denen ihr liebe Gespielinnen seid,
Grazien seid!

 

Eigenartig, diese ständig fortschreitende Verkürzung der Verse?! Schaut man sie sich einzeln an, erkennt man: V1 dieser Strophe ist ein vollwertiger Pentameter.

X x (x) / X x (x) / X || X x x / X x x / X

V2 ein um den letzten Daktylus verkürzter Pentameter:

X x (x) / X x x / X || X x x / X x x / X

V3 kann man als erste Hälfte eines Hexameters ansehen:

X x (x) / X x x / X x x / X || x (x) / X x x / X x

V4 schließlich ist der wegen seines Wohlklangs von Klopstock außerordentlich geschätzte „Choriambus“, der sowohl im Hexa- wie im Pentameter häufig zu hören ist:

X x x X

Alles also bekannte Bausteine, aber von Klopstock hier auf ganz neue und, wie mir scheint, wirkmächtige Art zusammengesetzt! Die Art, wie Klopstock dabei die Sätze durch die Verse führt, ständig absetzend und wieder aufnehmend: trägt sicher zur Wirkung bei.

Alles in allem ein Beispiel, von dem man einiges lernen kann, trägt man sich denn mit dem Gedanken, entweder eigene Strophenformen zu ersinnen; oder neue Verwendungsmöglichkeiten für die eigentlich aus festen Rahmen bekannten Bewegungslinien zu finden!

Erzählformen: Das Reimpaar (22)

„PPP. Pamphlete – Parodien – Postcripta“ heißt ein 1964 bei Langen Müller erschienener Band Friedrich Torbergs, und darin findet sich von Seite 213 an „eine Literaturgeschichte in Beispielen“. Thorberg padodiert den Stil der angesprochenen Verfasser und lässt inhaltlich kein gutes Haar an ihnen; manchmal geht es auf diese Art aber auch gegen bestimmte Richtungen der Dichtung, zum Beispiel die „Großstadtlyrik“:

 

Fabriken stehen Schlot an Schlot,
vorm Hurenhaus das Licht ist rot.

Ein blinder Bettler starrt zur Höh,
ein kleines Kind hat Gonorrhoe.

Eitrig der Mond vom Himmel trotzt.
Ein Dichter schreibt. Ein Leser kotzt.

 

Reimpaare aus iambischen Vierhebern haben etwas Unmittelbares, Schnörkelloses; was Torberg sich hier zu Nutze macht, besonders im dritten und letzten Paar, das sich zwar erst einmal eine kleine Auflockerung gönnt in Form der versetzten Betonung „Eitrig der Mond“, dann aber im Schlussvers nachdrücklich mit einer einprägsamen Gegenüberstellung schließt.

„Großstadtlyrik“ ist, immer noch, ein Unterrichtsgegenstand in der Schule, glaube ich?! Diese Verse sind mir in den entsprechenden Materialien allerdings noch nicht aufgefallen … Schade eigentlich.

Erzählformen: Das Madrigal (21)

Madrigale sind nach Herkunft und Anlage leichte, luftige Gebilde, in denen der Wohlklang sich zu Hause fühlt und die scherzende Muse geistreiche Plaudereien darbietet. Im Allgemeinen! Friedrich Schiller dagegen verschafft auch hier, wie eigentlich überall, eher dem Gedanklichen Raum:

 

„Wie tief liegt unter mir die Welt,
Kaum seh ich noch die Menschlein unten wallen!
Wie trägt mich meine Kunst, die Höchste unter allen,
So nahe an des Himmels Zelt!“
So ruft von seines Turmes Dache
Der Schieferdecker, so der kleine große Mann
Hans Metaphysikus in seinem Schreibgemache.
Sag an, du kleiner großer Mann,
Der Turm, von dem dein Blick so vornehm niederschauet,
Wovon ist er – worauf ist er erbauet?
Wie kamst du selbst hinauf, – und seine kahlen Höhn,
Wozu sind sie dir nütz, als in das Tal zu sehn?

 

– Aber immerhin, eine gewisse Schärfe ist vorhanden … Wieder findet sich die so häufige Mischung von vier- bis sechshebigen Versen, wobei die sechshebigen bemerkenswerterweise immer Alexandriner sind:

Der Turm, / von dem / dein Blick || so vor– / nehm nie– / derschau– / et,

Einmal treten Satz- und Verseinschnitt auseinander –

Der Schie– / ferdec– / ker, so || der klei– / ne gro– / ße Mann

– aber das lässt sich durch den gesamtem inhaltlichen Zusammenhang auch gut so vortragen?!

Eigentlich war Schiller ja kein Freund des Alexandriners; aber das heißt selbstredend nicht, dass er keine schreiben konnte. Wenn er wollte.

Ohne Titel

Opa nickt ein stilles Nicken.
Säh‘ es wer, für eine Antwort
Hielt er es, auf welche Frage –
Niemand weiß es. Niemand sieht es.
Opa sitzt am offnen Fenster,
Sommerwärme, Sommerstille
Fragen; und er nickt zur Antwort.

Erzählverse: Der trochäische Fünfheber (9)

Otto Ernst dürfte heutzutage den meisten, wenn überhaupt, als der Verfasser von „Nis Randers“ bekannt sein – Krachen und Heulen und berstende Nacht … Aber er hat selbstredend eine Menge mehr geschrieben, und vieles nichterzählendes. „Mein Freund“ etwa:

 

Als ich jüngst im Garten wandelte,
Ward mir unverhoffte, tiefe Freude:
Aus dem tiefen Dunkel wirrer Zweige
Winkten mir zwei Blumen wie zwei Augen.
Näher trat ich, durchs Gebüsch mich zwängend –
Sieh, im düst’ren Schatten alter Bäume,
Fast erdrückt vom wuchernden Holunder,
Stand ein armer Strauch der Alpenrose.
Zwischen seinen krummen, mag’ren Ästen
Spann ihr feucht Gespinst die ewige Nacht;
Abgetrennt von Luft und Sommersonne
War er leidend Jahr um Jahr gewachsen;
Doch aus Leidensnächten hob er Blüten,
Starke, lächelnde, betränte Blüten,
Seines Ringens Ende, still empor.

Und dem Gärtner rief ich: „Diesem Strauche
Gib den besten Platz in meinem Garten.
Tu es bald – ich hab es ihm versprochen.“

 

Der trochäische Fünfheber ist nicht überall durchgehalten – drei Verse enden „männlich“, also mit einer betonten Silbe; gleich der erste zum Beispiel, wo die Betonung dann auch noch auf das „-te“ rutscht?!  In der Mitte stehen vor der betonten Schluss-Silbe „Nacht“ zwei unbetonte Silben, „-wige“, wodurch es fast wirkt, als sei die unbetonte letzte Silbe des Fünfhebers in den Vers gewandert …

Aber auch das Ende des Gedichtes ist bedenkenswert. Als Ernst „Mein Freund“ zum ersten Mal veröffentlichte, schlossen sich an die obigen Verse noch diese vier an:

 

Alle Wohner meines Gartens lieb ich,
Halm und Bäume, Frucht- und Schattensträucher;
Doch mit diesem in des Abends Schweigen
Sprech’ ich Worte wie von Mensch zu Mensch.

 

In seinen später erschienenen „Gesammelten Werken“ hat Ernst diese vier Verse dann ersatzlos gestrichen. Was, wie mir scheint: eine kluge Entscheidung war. (Der frühere Text hat auch „den Gärtner“ statt „dem Gärtner“; ob die Änderung Absicht ist oder ein Fehler  – wer weiß es …)

Die Bewegungsschule (39)

Manchmal liest man an Stellen, an denen man es nicht vermutet, einen unscheinbaren  kurzen Satz, stutzt, denkt sich „Na sieh mal an“ – und ertappt sich wenig später dabei, dem beschriebenen Sachverhalt nachzugehen, statt vernünftige Dinge zu tun (sagen wir: die Treppe wischen).

In meinem Fall war es ein Satz aus der Einleitung der Gedichtsammlung „Deutschlands Dichter von 1813 bis 1843“. Da schreibt Karl Gödeke über den Pentameter:

„Auch haben die Griechen häufig, die Römer regelmäßig und die besseren deutschen Dichter mit Sorgfalt die zweite Hälfte mit einer Zäsur nach der fünften Silbe ausgestattet, so dass der Ausgang jambisch wird“.

Ach. Soll heißen, im Silbenbild dargestellt:

TAM ta (ta) TAM ta (ta) TAM || TAM ta ta TAM ta | ta TAM

Wobei „|“ die von Gödeke angesprochene Zäsur ist. Ich habe nun wirklich schon viele – deutsche! – Distichen, und damit Pentamter gelesen und geschrieben; aber das war mir noch nicht aufgefallen!

Denkt man über die zweite Pentameterhälfte nach, die ja eine feste Silbenverteilung hat, wird schnell klar, dass sie auf insgesamt sechzehn verschiedene Arten mit Sinneinheiten, oder, wie man auch sagt: Wortfüßen gefüllt werden kann: Neun davon enthalten drei Wortfüße (auf jede der drei betonten Silbe entfällt einer, weswegen auch mehr als drei Wortfüße nicht möglich sind), sechs enthalten zwei Wortfüße (ein Wortfuß enthält zwei betonte Silben, ein Wortfuß eine betonte Silbe), und einmal erstreckt sich der Wortfuß über den ganzen Halbvers und enthält alle drei betonten Silben. Im Silbenbild sieht das so aus:

01 TAM / ta ta TAM ta ta / TAM
02 TAM / ta ta TAM ta / ta TAM
03 TAM / ta ta TAM / ta ta TAM
04 TAM ta / ta TAM ta ta / TAM
05 TAM ta / ta TAM ta / ta TAM
06 TAM ta / ta TAM / ta ta TAM
07 TAM ta ta / TAM ta ta / TAM
08 TAM ta ta / TAM ta / ta TAM
09 TAM ta ta / TAM / ta ta TAM

10 TAM / ta ta TAM ta ta TAM
11 TAM ta / ta TAM ta ta TAM
12 TAM ta ta / TAM ta ta TAM
13 TAM ta ta TAM / ta ta TAM
14 TAM ta ta TAM ta / ta TAM
15 TAM ta ta TAM ta ta / TAM

16 TAM ta ta TAM ta ta TAM

Man sieht: das bei der von Gödeke erwähnten Zäsur enstehende „ta TAM“ findet sich bei vier der sechzehn Möglichkeiten.  Jetzt könnte man einen in Distichen geschriebenen Text nehmen und einfach nachzählen: Kommen diese vier Möglichkeiten in ungefähr einem Viertel der Verse vor, hat Gödeke Unrecht; kommen sie in wesentlich mehr Versen vor, hat er Recht!

Aber so einfach ist es dann doch nicht, denn die verschiedenen Möglichkeiten sind nicht gleichwertig, was an den Möglichkeiten liegt, die der Wortschatz des Deutschen bietet; und sein Satzbau. Wer selbst Hexameter und Distichen schreibt, weiß, wie häufig sich Wortfüße der Form „ta TAM ta“ in die Verse drängen, die ungeliebten Amphibrachen, gegen deren zu häufiges Vorkommen jeder Hexametrist einen dauernden (und nicht immer erfolgreichen!) Kampf führt …

Diese Amphibrachen entstehen, wenn vor die im Deutschen sehr häufigen zweisilbigen Worte der Form „TAM ta“ ein Bauwort tritt, meist ein Artikel oder eine Präposition. Schaut man sich nun die Liste der sechzehn Möglichkeiten an, sieht man: es gibt nur eine einzige Wortfußanordnung, in der ein Amphibrach vorkommt! Diese: „TAM ta / ta TAM ta / ta TAM

Und wenn man bedenkt, das auch der erste Wortfuß eines der häufigen Wörter der Form „TAM ta“ aufnehmen kann, ist der Verdacht nicht fern, dass diese Wortfußverteilung sehr häufig vertreten sein wird! Aber eigentlich nicht darum, weil der Dichter „sorgsam“ war, wie Gödeke sagt; sondern eher, weil er sorglos war und den Vorgaben des Deutschen bequem gefolgt ist …

Also, bei wem könnte man nachschauen?! Friedrich Schiller bietet sich an mit seinem Spaziergang; einmal, weil Schiller den eigentlichen, tiefen Einschnitt genau in der Mitte des Pentamters meist stark betont und so die zweite Vershälfte zuverlässig von der ersten trennt; und auch, weil der Spaziergang genau 200 Verse hat, mithin 100 Pentameter – was die Angabe von Prozentwerten erfreulich einfach macht …

Das Ergebnis bestätigt, was vermutet wurde:

29 x TAM ta / ta TAM ta / ta TAM
21 x TAM ta / ta TAM ta ta TAM
13 x TAM / ta ta TAM ta / ta TAM
11 x TAM ta ta TAM ta / ta TAM
7 x TAM ta / ta TAM ta ta / TAM
6 x TAM / ta ta TAM ta ta TAM
5 x TAM ta ta / TAM ta / ta TAM
2 x TAM ta ta TAM ta ta / TAM
2 x TAM / ta ta TAM / ta ta TAM
1 x TAM ta / ta TAM / ta ta TAM
1 x TAM ta ta / TAM / ta ta TAM
1 x TAM ta ta / TAM ta ta TAM
1 x TAM ta ta TAM / ta ta TAM
0 x TAM / ta ta TAM ta ta / TAM
0 x TAM ta ta / TAM ta ta / TAM
0 x TAM ta ta TAM ta ta TAM

Die Wortfußverteilung, die den Amphibrach enthält, ist die deutlich häufigste – auf sie allein entfallen mehr Verse als auf alle Möglichkeiten, die auf den Plätzen 5 – 16 folgen!

Bei der zweithäufigsten Möglichkeit – „TAM ta / ta TAM ta ta TAM“ – lohnt ein näherer Blick. Sie besteht aus zwei Wortfüßen, und der längere könnte durchaus auch einen Amphibrach enthalten, zum Beispiel ein Artikel + Adjektiv, die zusammen mit einem auf sie folgenden Substantiv der Form „ta TAM“ eine Sinneinheit bilden. Tatsächlich finden sich solche Halbverse bei Schiller:

fröhlich / das enge Gesetz

Die meisten Halbverse dieser Art sind aber anders gefüllt, sie enthalten als zweiten Wortfuß Artikel / Präposition + dreisilbiges Adjektiv, gefolgt von einem einsilbigen, betonten Substantiv:

wirbelt /  in heiterer Luft

rühmet / das prangende Tal

glühend, / ein einziges Herz

– Und noch viele andere …

Einige der sechzehn Möglichkeiten kommen gar nicht vor. Zumindest bei dem Halbvers, der aus einem einzigen Wortfuß besteht, wundert das nicht: sieben Silben sind viel, meist nimmt das Ohr sie nicht mehr als eine Sinneinheit wahr, sondern „zerlegt“ sie in zwei. In Schillers „Genius“ findet sich so ein Halbvers:

in der entadelten Brust

– Ein siebensilbiger Präpositionalausdruck, der ein wenig schummelt, indem er die eigentlich zu schwache Präposition „in“ auf die Hebungsstelle setzt …

Aber zurück zu Gödekes anfangs genannter Aussage! Ich weiß nicht, ob er Schiller als „besseren Dichter“ angesehen hat; ein Dichter, dessen Formverständnis wahrzunehmen sich lohnt, war er allemal. Und es sieht im Spaziergang so aus, dass 58% der Pentamter  zumindest eine Wortfußgrenze vor der vorletzten Silbe haben, also „jambisch ausgehen“; 42% haben eine andere Gliederung.

Ob Schiller das bewusst so gemacht hat, bezweifle ich aus oben genannten Gründen; aber aufschlussreich sind solche Überprüfungen trotzdem, und noch aufschlussreicher, vergleicht man diese Werte mit denen, die sich in den Texten anderer Verfasser zeigen. Ich werde noch einige dahingehend auswerten und die Ergebnisse dann mit denen bei Schiller gefundenen vergleichen …

Bis das erledigt ist, verweise ich noch auf den letzten von mir verfassten Pentameter (er steht im Distichon „Sommerfest„):

„Herrlich!“, er reicht mir, „Famos!“ lächelnd den Teller; und geht.

– Da weisen sogar beide Halbverse die Form „TAM ta / ta TAM ta / ta TAM“ auf; und sie haben beide einen –  starken! – Einschnitt nach der fünften Silbe! Ich bin also im Guten ein folgsamer Schüler der „besseren Dichter“; oder im Schlechten einer, der es sich leicht macht und zweimal auf die naheliegendste Lösung zurückgreift …