Erzählverse: Der trochäische Fünfheber (4)

Wie schon erwähnt: Der trochäische Fünfheber gestattet sich viel weniger Abweichungen als zum Beispiel der Blankvers, und schreibt man ihn, muss man sehr aufpassen, dass er nicht zu starr und einförmig gerät.

Nicht starr, nicht einförmig: Will man herausfinden, wie das zu erreichen ist, macht man mit einem Besuch bei Goethe nichts falsch – und so auch beim trochäischen Fünfheber:

 

Nachtgedanken

Euch bedaur‘ ich, unglücksel’ge Sterne,
Die ihr schön seid und so herrlich scheinet,
Dem bedrängten Schiffer gerne leuchtet,
Unbelohnt von Göttern und von Menschen:
Denn ihr liebt nicht, kanntet nie die Liebe!
Unaufhaltsam führen ew’ge Stunden
Eure Reihen durch den weiten Himmel.
Welche Reise habt ihr schon vollendet,
Seit ich, weilend in dem Arm der Liebsten,
Euer und der Mitternacht vergessen!

 

– Da ist von Einförmigkeit jedenfalls nicht viel zu spüren? Obwohl der Text wie selbstverständlich daherkommt …  Fragt man nach dem „Wie“, lohnt wohl am ehesten der Blick auf die vielfältig wechselnden Zäsuren, und auf die Anzahl und Verteilung der ein-, zwei- und dreisilbigen Wörter. Goethes Gedichte sehen oft so einfach aus; und sind es nie …

(Alle, die auch das „Was“ das Textes kümmert, können ja einmal bei der NZZ vorbeischauen, wo Peter von Matt sich zu diesen Versen äußert.)

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