Erzählformen: Der Zweiheber (6)

Der trochäische Zweiheber – X x X x (4, Waiblinger) – kann auch mit männlichem Schluss vorkommen: X x X, dreisilbig also. Ein eindrückliches Beispiel für das Wechselspiel beider Formen geben diese vier Verse aus Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“:

 

Von dem Dome
Schwer und bang
Tönt die Glocke
Grabgesang.

 

Wenn man nun bei diesen beiden Versen, nach dem Vorbild der iambischen Zweiheber aus (5), eine Senkung mit zwei unbetonten Silben besetzt, entstehen diese Verse:

X x x X x

X x x X

– Und die klingen dann gar nicht mehr „schwer und bang“, sondern kraftvoll und beweglich; wie Schiller selbst zum Beispiel in seinem „Punschlied“ vorführt:

 

Vier Elemente,
Innig gesellt,
Bilden das Leben,
Bauen die Welt.

Presst der Zitrone
Saftigen Stern,
Herb ist des Lebens
Innerster Kern.

Jetzt mit des Zuckers
Linderndem Saft
Zähmet die herbe,
Brennende Kraft.

Gießet des Wassers
Sprudelnden Schwall,
Wasser umfänget
ruhig das All.

Tropfen des Geistes
Gießet hinein,
Leben dem Leben
Gibt er allein.

Eh es verdüftet,
Schöpfet es schnell,
Nur wenn er glühet,
Labet der Quell.

 

(Wer mag, kann sich die Lesung von Fritz Stavenhagen anhören)

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