Erzählverse: Der Blankvers (94)

Der Blankvers kann so gut wie alles, und daher auch: ein Gespräch abbilden. Wenn man es allerdings mit dem Umgangssprachlichen übertreibt, und dann noch viele Sprecheinsätze hat, kommt auch dieses Maß an seine Grenzen! Ein Beispiel sind „Die spielenden Kinder“ von Christian Friedrich Scherenberg:

 

Wohin führt diese Straße, Kind? „Wohin?
Das wisst Ihr nicht einmal! In unser Dorf.“
In euer Dorf! Das hätt‘ ich allerdings
Wohl wissen können. ’s ist wohl groß? „Ach! Das da
Sind alles meine Brüder, die da spielen.“
So. Und was spielen sie denn? „Nichts – sie spielen –
Sie bauen – graben Erde auf und zu.“
Was baut ihr? „Vaters Haus – bau’n Vaters Haus!“
In’s Fahrgeleis! Der heiligen Sicherheit!
Des Vaters Haus? Da seid ihr liebe Kinder!
„Ach ja, wir kommen alle in den Himmel.“
So? „Ja.“ „Das heißt, wenn wir recht artig sind.
Ich bin schon älter, Herr.“ Das höre ich.
Wo ist der Himmel denn? „Da!“ Ja, da ist er:
Wohin ihr seht, da ist der Himmel auch.
Ja: Da! Mehr sagt auch nicht der Weisteste.
Ich spiele mit. Ihr grabet auf – ich zu –
Dazwischen liegt das Spiel. Nicht wahr, Vernünft’ger?
Lasst euch nicht stören! „Stören lassen sie
Sich nicht.“ Hast Recht – der eitlen Sorgen nur!
Wie sie es fassen, halten, das warme Jetzt,
Das frisch-unmittelbare Sein des Lebens!
Da ist Gedanke, Wille, Tat nur eins,
Ein einz’ger Griff nur Same, Blüte, Frucht,
Und alles Blüte wieder im Genuss.
Wer störte sie, die Herrn der Welt. Sie haben.

 

– Und immer so weiter noch ein ganzes Stück lang. Das wäre auch dann schwer zu lesen, meint: es wäre schwer, den Vers als Einheit hörbar werden zu lassen, wenn die Hebungen deutlicher beetzt wären als hier an vielen Stellen; so, wie es ist, ist es eine ziemliche Herausforderung! Am Schluss dieses Abschnitts sind es ausnahmsweise einmal „richtige“ Blankverse, und da ist dann sofort ein großer Unterschied vernehmbar.

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