Erzählformen: Das Reimpaar (35)

Ein letzter Eintrag noch zum „um einen dritten Vers ergänztes Reimpaar“, diesmal mit Gottfried August Bürgers ziemlich bekanntem „Der Bauer an seinen durchlauchtigen Tyrannen“:

 

Wer bist du, Fürst, dass ohne Scheu
Zerrollen mich dein Wagenrad,
Zerschlagen darf dein Ross?

Wer bist du, Fürst, dass in mein Fleisch
Dein Freund, dein Jagdhund, ungebleut
Darf Klau’ und Rachen hau’n?

Wer bist du, dass, durch Saat und Forst,
Das Hurra deiner Jagd mich treibt,
Entatmet, wie das Wild? –

Die Saat, so deine Jagd zertritt,
Was Ross und Hund und du verschlingst,
Das Brot, du Fürst, ist mein.

Du Fürst hast nicht, bei Egg’ und Pflug,
Hast nicht den Erntetag durchschwitzt.
Mein, mein ist Fleiß und Brot! –

Ha! du wärst Obrigkeit von Gott?
Gott spendet Segen aus; du raubst!
Du nicht von Gott, Tyrann!

 

Dreizeilige Strophen – aber ungereimte! Hat das Gedicht also gar nichts zu suchen unter der Überschrift „Reimpaar“? Ich denke, schon. Denn wie die letzten EInträge gezeigt haben, war das um einen dritten Vers, meistens einen iambischen, weiblich schließenden Dreiheber (hier, bei Bürger, schließt er männlich!) Reimpaar aus iambischen Vierhebern eine ziemlich gängige Form; und diese reimlosen Strophen Bürgers dürften von dieser Form aus gedacht und bewertet worden sein!

Aber auch „an unf für sich“ ist das eine geschlossene kleine Form, mit der sich viel anstellen lässt, wie mir scheint.

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