Heute habe ich einmal wieder mit genuss in Friedrich Hebbels Tagebüchern gelesen, genauer: in dem von 1848. Da stehen dann solche Einträge drin wie der vom 13. Januar:
Ein großer Leichenzug zieht eben an unserem Fenster vorbei. Der Tote muss zum Wenigsten Feldmarschall gewesen sein, denn ihm folgen ganze Regimenter mit Fahnen, Trommeln und Kanonen. Zum ersten Mal sehe ich ein Pferd, dem die Schleppe nachgetragen wird; ein schwarzes in schwarzem Flor. Meine Frau steht neben mir am Fenster und säugt ihr Kind, das mächtig trinkt.
„Ihr“ Kind meint allerdings schon „unser“ Kind (eine Tochter). Bei dieser Schilderung kommen Erinnerungen hoch an ein beim Verserzähler schon vorgestelltes, schönes Sonett Hebbels, siehe Sonett (2)!
Andere Einträge sind Gedanken zu zukünftigen Stücken, oft in der wörtlichen Rede. Am 20. Februar:
„Ja, würden die Jahre dessen, den ich tötete, meinen zugelegt, dann -„
Und manchmal sind es auch ganz allgemeine Gedanken, die aber immer eine bildhafte Form finden. Form! Am 7. Januar:
Was ist doch ein Mensch, dem die Form fehlt! Ein Eimer voll Wasser ohne den Eimer!
Wer gerne Tagebücher liest – das, und die anderen Hebbels lohnen sich auf jeden Fall!