Otto Ludwigs „Zu stille Liebe“:
Zwei liebten sich und wollten sichs nicht sagen,
Und küssten sich auf eines Kindes Munde,
Und sahen sich nur in des Kindes Augen,
Und sprachen sich nur durch den Mund des Kindes.
Da starb das Kind. Nun konnten sie nicht küssen,
Nicht mehr sich sehn und auch nicht mehr sich sprechen.
Da haben sie sich ganz in sich gezogen,
Und immer fremder sind sie sich geworden
Und haben immer heißer sich geliebet,
Nach Kuss und Blick gesehnt und süßer Rede,
Und sind am End‘ vor Sehnsucht gar gestorben.
Ob es da die letzten fünf Verse wirklich braucht?! Warum nicht, sie schaden ja nicht, könnte man sagen; aber wenn ein Gedicht so unscheinbare, wenig gestaltete Blankverse nutzt, sollte es wohl nicht allzulang sein, weil sich sonst eine gewisse Eintönigkeit bemerkbar macht?! Als Beispiel: Es schließen wieder – siehe (116) – alle Verse weiblich-unbetont, und die unbetonten Endsilben haben alle ein „schwaches e“, nicht selten in der Forn „-en“, was Vers immer leblos erscheinen lässt; je länger der Text, desto nötiger die Abwechslung auch in diesem Punkt!