Ein zweites Musik-Sonett, „Streichquartett“ von Max Bruns:
Wie sie voll Inbrunst in den Klängen knieen,
Die sie mit breiten Bogenstrichen binden,
Sich selten fliehen und bald wiederfinden
Und, selge Waller, Wunderstraßen ziehen
Und die verschlungnen Gegenmelodien
Zu einem schweren Strauß von Tönen winden;
Und dann, indes die Bässe schweigend schwinden,
Zwei Geigen silbern wie gen Himmel fliehen,
Um, gleich dem Springquell, hoch im Blau verfangen,
Die lichte Kuppe leicht und weich zu wenden
Und zum Bassin der Töne heimzulangen,
Die sie – wie Sieger auf geschmückten Händen –
In breitem Strome wogend warm empfangen
Und froh entspannt nun das Finale spenden!
Der erste Vers verlockt zum Weiterlesen (auch das ist eine Kunst, die zumSonett gehört!); tut man es, wird schnell klar, dass hier ein einziger langer und verschachtelter Satz durch sämtliche vierzehn Verse geführt wird. Ob das dem Inhalt gut tut, wer weiß – es ist doch in der Bildlichkeit alles ein wenig blässlich „hinten raus“?! Aber ein gewaltiger sprachlicher „Bogenstrich“, keine Frage!