Die Uz-Strophe (21)

Nach der nur noch zum „Uz-Versraum“ gehörenden Schweifreim-Strophe des letzten Beitrags hier eine Strophe „vom anderen Ende des Spektrums“. Die Uz-Strophe ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern hat sich in Hinsicht sowohl auf die Vers- als auch die Strophenform aus schon vorhandenen Formen entwickelt. Eine Reimstrophe aus jambischen Sechshebern (was damals gleichbedeutend mit „Alexandriner“ war) und Vierhebern im Wechsel war schon in regem Gebrauch – Uz‘ Zeitgenosse Gotthold Ephraim Lessing benutzt sie zum Beispiel epigrammatisch:

Auf den Hablador

Habladors Mund, Utin, ist dir ein Mund zum Küssen?
Wie er spricht, spricht dir niemand nicht? –
Wie sollte so ein Mann auch nicht zu sprechen wissen?
Er tut ja nichts, als dass er spricht.

Von dort aus führt ein gerader Weg zur Uz-Strophe – ihr „Erfinder“ hat den Reim verworfen und den Schluss der (Halb-)Verse nicht klanglich, sondern rhythmisch durch die Ersetzung von Jamben durch Anapäste gekennzeichnet; und fertig.

Steckt man die Nadel bei dieser Strophe ein, und betrachtet deren „Strophenraum“, die Umgebung; dann gehört dazu einmal die Uz-Strophe, aber, näher an der Nadel, auch dieses Epigramm von Christian Wernicke, ein Dichter zwei Generationen vor Uz und Lessing:

Physik und Ethik

Erforsche, wie die Welt, also auch dein Gemüte,
Und sei gelehrt und tugendhaft;
Die Güte der Natur zeig‘ in der Wissenschaft,
Im Wohltun die Natur der Güte.

Geschickt gemacht! Aber von der Form her fällt sicherlich der „Ungleichgang“ von Vers- und Reimwechsel auf. Auch das war eine nicht nur einmal genutzte Strophe, und sie ist eine Anregung für das, was, übertragen, im „Strophenraum Uz-Strophe“ möglich ist.

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