Manchmal finden sich in eigentlich ganz verschiedenartigen Hexameter-Epen Stellen, die sehr ähnlich aufgebaut sind. Im „Kirbisch“ von Anton Wildgans zu Beispiel kommt in den Jahren des ersten Weltkriegs ein Regierungsvertreter zu einem Dorfgendarmen, überrascht ihn beim Mittagsschlaf und
Ließ den Halbnackenden strammstehn und schnauzte ihn höhnisch und barsch an,
Ob er nicht wisse, dass Krieg sei, und ob er das Amtsblatt nicht lese!
Überall Hunger und Not, und hierorts lebe das Völkchen
Just wie in Abrahams Schoß und pfeife auf die Behörden!
Wenn der Gendarm nicht sofort, das heiße, binnen drei Tagen
Allen Erlässen bezüglich des Lebensmittelverbrauches
Geltung zu schaffen verstehe, so werde man Mittel und Wege
Unschwer finden genug, um ihn an die Front zu versetzen!
Knallte die Türe ins Schloss und stob mit dem Auto von dannen.
Schlotternd stand der Gendarm und rieb sich die glotzenden Augen,
Dann aber fasste ihn Wut und panische Angst vor dem Frontdienst,
Und er begann sich zu gürten, behelmte den Glatzkopf und pflanzte
Sein Bajonett aufs Gewehr und begab sich zum Störrischen Engel.
Dort konfiszierte er alles: Verbotenes und auch Erlaubtes,
Lärmte und spürte herum vom Dache bis in den Keller,
Nahm auch im Falle Crinis sofort ein Vorprotokoll auf
Und verließ das Lokal im Schweiße gebadet und grußlos.
Im viel älteren „Märchen vom sichern Mann“ von Eduard Mörike kommt der Gott Lolegrin den sicheren Mann, zählt dessen Verfehlungen auf und fährt dann fort:
„Siehe, dies wissen wir wohl, denn jegliches sehen die Götter.
Aber du reize sie länger nicht mehr! Es möchte dich reuen.
Schmeidige doch ein weniges deine borstige Seele!
Suche zusammen dein Wissen und lichte die rußigen Kammern
Deines Gehirns und besinne dich wohl auf alles und jedes,
Was dir geoffenbart; dann nimm den Griffel und zeichn‘ es
Fein mit Fleiß in ein Buch, damit es daure und bleibe;
Leg den Toten es aus in der Unterwelt! Sicherlich weißt du
Wohl die Pfade dahin und den Eingang, welcher dich nicht schreckt,
Denn du bist ja der sichere Mann mit den wackeren Stiefeln.
Lieber, und also scheid ich. Ade! wir sehen uns wieder.“
Sprach es, der schelmische Gott, und ließ den Alten alleine.
Der nun war wie verstürzt und stand ihm fast der Verstand still.
Halblaut hebt er zu brummen erst an und endlich zu fluchen,
Schandbare Worte zumal, gottloseste, nicht zu beschreiben.
Aber nachdem die Galle verraucht war und die Empörung,
Hielt er inne und schwieg; denn jetzo gemahnte der Geist ihn,
Nicht zu trotzen den Himmlischen, deren doch immer die Macht ist,
„… Sondern zu folgen vielmehr;“ und er geht an das Schreiben des verlangten Buches. Dinge wie der Aufbruch:
Knallte die Türe ins Schloss und stob mit dem Auto von dannen.
Sprach es, der schelmische Gott, und ließ den Alten alleine.
oder das sich an den Besuch anschließende Verhalten der Gemaßregelten:
Schlotternd stand der Gendarm und rieb sich die glotzenden Augen,
Der nun war wie verstürzt und stand ihm fast der Verstand still.
– Das klingt ähnlich und doch ganz anders; weil eben 70 Jahre und ein Weltkrieg dazwischen liegen.