Die deutsche Sprache ist auf einen so hohen Grad der Ausbildung gelangt, dass einem jeden in die Hand gegeben ist, sowohl in Prosa als in Rhythmen und Reimen sich dem Gegenstande wie der Empfindung gemäß nach seinem Vermögen glücklich auszudrücken.
– Sagt Johann Wolfgang Goethe und kommt damit auf einen Gegenstand, den auch die Epigrammatiker gerne behandelt haben. Friedrich Schiller schrieb zum Beispiel in Bezug auf die „Rhythmen und Reime“, die Verheißung des Freundes einschränkend:
Dilettant
Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache,
Die für dich dichtet und denkt, glaubst du schon Dichter zu sein?
Und auch Friedrich Hebbel schlug später in die gleiche Kerbe:
Die Poesie der Formen
Was in den Formen schon liegt, das setze nicht dir auf die Rechnung:
Ist das Klavier erst gebaut, wecken auch Kinder den Ton.
Inzwischen liegen annährend 200 Jahre zwischen Goethe und der Jetztzeit, und wenn die deutsche Sprache damals schon „auf einen so hohen Grad der Ausbildung gelangt“ war, wie geht es ihr dann heute? Wer weiß; Schillers und Hebbels Einwürfe scheinen mir aber nach wie vor gültig …