Die im letzten Eintrag erwähnte „weibliche“ Zäsur gehört eigentlich nicht zur Uz-Strophe, sie ist da einen Ausnahme; andere Formen haben sie als feste zweite Möglichkeit neben der männlichen Zäsur (klar: beide hinter der dritten betonten Silbe!). Der erste, der das so gemacht hat, war Ewald von Kleist in seinem „Frühling“. Ein Ausschnitt:
Auf rosenfarb’nem Gewölk, bekränzt mit Tulpen und Lilien,
Sank jüngst der Frühling vom Himmel. Aus seinen Busen ergoss sich
Die Milch der Erden in Strömen. Schnell glitt von murmelnden Klippen
Der Schnee in Bergen herab; des Winters Gräber, die Flüsse,
Worin Felshügel von Eis mit hohlem Getöse sich stießen,
Empfingen ihn, blähten sich auf voll ungeduldiger Hoffnung,
Durchrissen nagend die Dämme, verschlangen fräßig das Ufer;
Wald, Feld und Wiese ward Meer. Kaum sahn die Wipfel der Weiden
Im Tal draus wankend herfür. Gefleckte Täucher und Enten
Verschwanden, schossen herauf, und irrten zwischen den Zweigen,
Wo sonst für Schmerzen der Liebe im Laub die Nachtigall seufzte.
Sieben „männliche“, vier „weibliche“ Einschnitte (V2, V3, V7, V11); insgesamt ist das Verhältnis eher 50:50. Nicht missverstehen: Das liest sich gut, aber was bei einem gereihten, auf Abwechslung angewiesenen Vers sinnvoll ist, muss in einer Strophe, die die Abwechslung ja auch, wenn nicht: vor allem über den Wechsel der längeren und kürzeren Verse erzeugt, nicht ebenso passend sein!